ORTSTERMIN I Idylle mitten in Beijing

Den Liangma-Fluss, der sich am Lufthansa-Center vorbei durch das Botschaftsviertel inmitten Beijings schlängelt, kenne ich nur als träge dahinfließende Kloake. Doch das hat sich offenbar gewandelt, berichtet Michaela Böhme in ihrem Blog „Worüber China spricht“. Seit 2006 wurde der Fluss mehrfach saniert. Es wurden Feuchtgebiete am Rande angelegt, viele Bäume gepflanzt und einzelne Flussabschnitte zu einer Promenade verbunden. Diese zieht inzwischen zu jeder Tages- und Nachtzeit Menschen an. Morgens ziehen die Jogger vorbei, um die Mittagszeit strömen die Beschäftigten aus den nahen Büros an den Fluss, nachmittags setzen sich die Alten mit Campingstühlen ans Ufer zum Dösen und Lesen, abends machen die Jungen Party. „Der Liangma-Fluss ist ein Mikrokosmos des Pekinger Lebens“, sagt der Stadtplaner Shen Tongsheng, dessen Interview mit dem Magazin Renwu Michaela Böhme übersetzt hat. „Besonders für viele Menschen am unteren Rand der sozialen Leiter ist dies ein neuer Ort der Freiheit, an dem sie der Enge ihres eigenen Zuhauses entkommen und etwas Privatsphäre empfinden können.“ Shen sieht in der Sanierung des Liangma-Flusses auch eine Umorientierung der Stadtplanung: „Es gab eine Zeit, in der die Stadtentwicklung Modernität als modern und sauber definierte. Damals wollten die von mir gestalteten Flussufer modern und nicht natürlich aussehen. Noch in den 2000er Jahren waren Natur und Moderne ein Widerspruch. Seit 2015 ist ein Trend zu mehr Natürlichkeit zu erkennen, Natur und Moderne sind eine Art gleichberechtigte Beziehung eingegangen.“

Info:

Den Artikel mit Bildern, einem Video und dem Interview des Stadtplaners Shen Tongsheng gibt es hier:

https://www.worueber-china-spricht.com/post/pekings-liangma-fluss-welche-art-von-stadt-brauchen-wir

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