vor kurzem fand in Rotterdam der African Adoption Summit statt. Mehrere afrikanische Regierungschefs – darunter auch Senegals Macky Sall, gleichzeitig auch Vorsitzender der Afrikanischen Union (AU) – waren angereist. Von den Staatschefs der EU-Staaten ließ sich nur der gastgebende Mark Rutte blicken. Beim EU-Africa-Summit im Februar in Brüssel war das Missverhältnis noch krasser: 40 afrikanische Präsidenten trafen auf einen Europäer – Belgiens Premier Alexander De Croo. Warum ich über diese von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkte Treffen hier schreibe? Weil es zeigt, wie in der EU Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen, welcher Unterschied zwischen Sonntagsreden und dem Alltag herrscht. In den wohlfeilen Reden – gerne auf Gipfeltreffen wie kürzlich beim G7-Treffen in Elmau – geißeln westliche Regierungschefs und Außenminister die Volksrepublik China, weil sie afrikanische Staaten neo-kolonialisiere und diese in eine Schuldenfalle locke. Da müsse der Westen gegenhalten. Und es werden mal wieder irgendwelche Programme – das wievielte eigentlich? – als Gegenentwürfe zur chinesischen Seidenstraßeninitiative ins Schlusskommuniqué geschrieben. Aber Papier ist geduldig, die Afrikaner sind es nicht mehr. In Rotterdam entlud sich ihr Frust. Senegals Macky Sall kleidete dabei seine öffentliche Kritik noch in diplomatisch-moderate Worte: „This leaves a bad taste in our mouths. I am a bit disappointed, to be honest.” Wenn die EU für Afrika, aber auch für andere Regionen des globalen Südens eine glaubwürdige Alternative zu China sein will, muss sie handeln, nicht nur reden.
Wolfgang Hirn