WER MACHT WAS? Deutschland, deine Sinologen (17). Heute: Goethe-Universität Frankfurt

In Deutschland gibt es an vielen Universitäten, aber auch an einigen Fachhochschulen die Möglichkeit Sinologie oder sogenannte Kombi-Studiengänge – meist mit Wirtschaft – zu studieren. Die Unis haben dabei unterschiedliche Schwerpunkte. Manche lehren vorwiegend das moderne China, manche eher das alte China, die meisten beides. In dieser Serie werde ich die sinologischen Abteilungen an den deutschsprachigen Universitäten und ihre Geschichte, ihre Schwerpunkte und ihre Lehrenden vorstellen. Heute ist die Goethe-Universität Frankfurt dran.

Die Geschichte: Schon 1924 gründete Richard Wilhelm mit Hilfe von Fördergeldern ein China-Institut, aus dem dann wenig später das „Seminar für Chinakunde und Forschung an der Universität Frankfurt“ wurde. Nach dem Tod Wilhelms 1930 drohte die Schließung, aber durch eine Spende der chinesischen Nationalregierung konnte sich das Institut unter Erwin Rousselle wieder erholen. Anfangs der 40er Jahre kam es aber zu Konflikten mit den Nazis, 1943 erhielt Rousselle Redeverbot. Im März 1944 wurde das Institut bei einem Bombenangriff völlig zerstört. Nach Kriegsende gab es das Institut quasi nur noch auf dem Papier. Es dauerte bis 1973, ehe an der Frankfurter Universität eine Professur für Sinologie geschaffen wurde. Diese erhielt Chang Tsung-tung, ein aus Taiwan stammender Sinologe, der sich eher mit dem alten China auseinandersetzte. Chang emeritierte 1999. Es folgte eine Phase der Neuorientierung in der Frankfurter Sinologie, und zwar mehr in Richtung auf das China der Gegenwart. Dies zeigte sich auch in der Berufung der beiden Professuren der Folgejahre: 2001 trat Dorothea Wippermann quasi die Nachfolge Changs an, 2007 wurde im Rahmen der Neuorientierung der Regionalwissenschaften in Hessen eine neue Professur geschaffen, die Iwo Amelung erhielt. Wippermann emeritierte 2020, Amelung ist heute Leiter des Sinologischen Instituts. Außerdem ist er Vorsitzender des einst gegründeten China-Instituts, das als e. V. alle Wirrungen überlebt hat.

Die Lehrenden: Derzeit gibt es zwei Professuren am Sinologischen Institut: Die eine hat Iwo Amelung inne. Er ist Professor für Kultur und Geschichte Chinas. Seine Schwerpunkte sind u.a. Ideen- und Wissensgeschichte des modernen China, Bürokratie- und Sozialgeschichte der Qing-Zeit, Wissenschafts- und Technikgeschichtsschreibung, Identitätsdiskurse, Entstehung und Entwicklung von wissenschaftlichen Disziplinen im modernen China. Die zweite Professur hat Zhiyi Yang. Sie war erst Juniorprofessorin, seit 2015 ist sie ordentliche Professorin. Yang ist Literaturwissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt Lyrik. Die Politik Chinas vermittelt Heike Holbig. Sie gehört nicht dem sinologischen Institut an, sondern lehrt und forscht am Institut für Politikwissenschaft. Dort hat sie eine Professur mit dem Schwerpunkt Area Studies China/Ostasien. Holbig war früher am Institut für Asienkunde in Hamburg und ist heute weiterhin mit dessen Nachfolger, dem GIGA Institut, forschend verbunden. Immer wieder mal wurde auch der Wunsch nach einer Professur für die Wirtschaft Chinas geäußert. Iwo Amelung sagt: „Es gab starke Bestrebungen, eine Professur für Chinas Wirtschaft zu etablieren, aber es ist bislang leider nichts passiert.“ Dabei wäre der Bankenplatz Frankfurt dazu gerade prädestiniert.

Das Studium: In Frankfurt gibt es keinen Mono-Bachelor, man muss ein Nebenfach wählen. Das war auch ein Grund, warum die Studienzeit von drei auf vier Jahre ausgedehnt wurde, nachdem dies rechtlich möglich war. Vor Beginn des Studiums ist ein Propädeutikum verpflichtend. Es dauert zwei Wochen, insgesamt 48 Unterrichtsstunden. Dabei geht es vor allem um die Aussprache. Überhaupt wird in Frankfurt viel Wert auf die Sprachausbildung gelegt. So ist Klassisches Chinesisch im Hauptfach Pflicht. Iwo Amelung sagt: „Die Sprachausbildung in Frankfurt ist ziemlich gut.“ Der Anspruch ist hoch. Es wird erwartet, dass in den Bachelor-Arbeiten Originalquellen verwendet werden. Im dritten Semester ist ein Auslandsaufenthalt obligatorisch. Dazu hat die Uni Kooperationen mit der Fudan Universität in Shanghai und der National Taiwan Normal University. Weil der Bachelor vier Jahre dauert, darf der Master-Studiengang – so die Hochschulgesetzgebung – nur ein Jahr betragen. Neben diesem einjährigen Sinologie-Master-Studiengang bietet die Uni Frankfurt allerdings noch einen Master Modern East Asian Studies an. Dieser dauert zwei Jahre und ist in Englisch. Es ist ein fächerübergreifender Studiengang, der von der 2004 erfolgten Einrichtung des Interdisziplinären Zentrums für Ostasienstudien (IZO) profitiert.

Info:

Die Homepage der Sinologie in Frankfurt: https://www.uni-frankfurt.de/40703239/sinologie

Das Interdisziplinäre Zentrum für Ostasienstudien (IZO) hat folgende Homepage: https://www.uni-frankfurt.de/106589842/IZO?legacy_request=1

Das China-Institut an der Goethe-Universität Frankfurt am Main e. V. ist hier erreichbar: http://china-institut.uni-frankfurt.de/ (Hier finden sich unter Veröffentlichungen auch Bände der Zeitschrift „Sinica“, in denen man wunderbar schmökern und die Zeit vergessen kann)

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