WER MACHT WAS? Deutschland, deine Sinologen (16). Heute: Universität Erlangen-Nürnberg

In Deutschland gibt es an vielen Universitäten, aber auch an einigen Fachhochschulen die Möglichkeit Sinologie oder sogenannte Kombi-Studiengänge – meist mit Wirtschaft – zu studieren. Die Unis haben dabei unterschiedliche Schwerpunkte. Manche lehren vorwiegend das moderne China, manche eher das alte China, die meisten beides. In dieser Serie werde ich die sinologischen Abteilungen an den deutschsprachigen Universitäten und ihre Geschichte, ihre Schwerpunkte und ihre Lehrenden vorstellen. Heute ist die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) dran.

Die Geschichte: Die Sinologie in Erlangen ist relativ jung. 1952 begann sie eher zaghaft mit Hans Steininger, der allerdings „nur“ Lehrbeauftragter war.  Erst 1967 wurde ein Lehrstuhl eingerichtet und mit Heinz Friese besetzt, der allerdings acht Jahre später durch einen tragischen Unfall ums Leben kam.  Ihm folgten Wolfgang Lippert (bis 1997), ein bedeutender Linguist, und Michael Lackner (bis 2021) und schließlich, ab 2021 Andrea Bréard. 1983 wurde eine zweite Professur etabliert. Sie hatte zunächst Klaus Flessel inne. Sein Nachfolger wurde erst Thomas Fröhlich (derzeit Hamburg) und dann Michael Höckelmann. Die Sinologie in Erlangen war anfangs unter dem Altphilologen Friese eher eine Altertumswissenschaft.  Das hat sich unter Nachfolger Lippert verändert. Aber bis heute lehrt Erlangen sowohl das alte als auch das moderne China. Michael Lackner sagt: „Wir haben uns erfolgreich gegen die Auseinanderdividierung gewehrt.“ Interessant und einmalig ist, dass die Sinologie in Erlangen vor zwei Jahren ein „Selbstverständnis“ postulierte. Warum? Lackner: „Damals ging es los mit den Angriffen auf die Konfuzius-Institute. Kollege Matten und ich sagten: Wir müssen uns gegen diese politisch-journalistischen Kampagnen positionieren“. Das Ergebnis ist das „Selbstverständnis Erlanger Sinologie“. Deren letzter Satz lautet: „Das Fach ist von der festen Überzeugung geleitet, trotz komplexer Herausforderungen den Dialog zwischen beiden Ländern nicht abbrechen zu lassen, sondern ihn fruchtbar zu machen und ein sachlicheres Bild Chinas in Deutschland und Europa zu ermöglichen.“

Die Lehrenden: Die beiden Professuren haben aktuell Michael Höckelmann und Marc A. Matten inne. Höckelmann ist Professor für Staat und Gesellschaft Chinas. Er forscht zum frühen und mittelalterlichen Chinas. Seine Spezialität ist die Tang-Zeit. Marc A. Matten ist Professor für Zeitgeschichte Chinas. Sein Spezialgebiet ist das späte kaiserliche und moderne China. Neben diesen beiden Professuren hat Andrea Bréard den Lehrstuhl, verbunden mit einer Alexander von Humboldt-Professur inne. Ihr Schwerpunkt ist die Geistes- und Kulturgeschichte Chinas. Aufgrund ihrer Ausbildung (sie studierte Mathematik und Sinologie) beschäftigt sie sich intensiv mit der Geschichte der Mathematik in China. Michael Lackner ist Seniorprofessor und Direktor des Internationalen Kollegs für Geisteswissenschaftliche Forschung IKGF (www.ikgf.fau.de). Er lehrt nicht mehr, betreut aber noch Doktoranden.

Das Studium: Es gibt in Erlangen keinen Mono-Bachelor, sondern ausschließlich den Zwei-Fach-Bachelor, wobei Sinologie als Haupt- oder Nebenfach gewählt werden kann. Die traditionsreiche Universität hat ein breites Angebot an möglichen Nebenfächern. Allerdings ist die räumliche Trennung zu beachten: die Sinologie sitzt sehr zentrumsnah in Erlangen, aber andere Fächer wie zum Beispiel die Wirtschaftswissenschaften in Nürnberg. Ein Auslandsaufenthalt ist im Bachelor nicht vorgeschrieben. Eine Besonderheit ist der Master-Studiengang. Zur Sinologie muss nämlich ein fachspezifischer Schwerpunkt (Philosophie, Geschichte, Soziologie, Politologie oder Wirtschaftswissenschaften) gewählt werden. Daneben gibt es noch zwei interdisziplinäre Masterstudiengänge: Einmal den Master Imperien und Transkontinentale Räume sowie den Elite-Master Standards of Decision-Making Across Cultures. Letzterer sieht einen Aufenthalt an der Peking Universität (Beida) vor. Als einzige Universität Bayerns bietet die FAU übrigens auch einen Lehramtsstudiengang für Chinesisch an. Das „Erweiterungsfach Chinesisch im Lehramtsstudiengang Gymnasien“ kann dabei als drittes Fach zusätzlich zu zwei Hauptfächern gewählt werden. 

Info:

Die Homepage der Sinologie an der Uni Erlangen-Nürnberg: https://www.sinologie.phil.fau.de/

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