POLITIK I Monologe beim Shangri-La-Dialog

Zwei Jahre hintereinander ist der Shangri-La-Dialog wegen Corona ausgefallen. Am zweiten Juni-Wochenende fand das wichtigste Treffen von Verteidigungs- und Außenpolitikern Asiens endlich wieder statt. Ort wie immer seit 22 Jahren: Das Shangri-La-Hotel in Singapur, das während dieser Tage eher einer Festung denn einer Luxusherberge glich. Exakt 553 Teilnehmer aus 59 Ländern – Russland war nicht dabei – diskutierten Sicherheitsprobleme in der Indo-Pazifik-Region, von denen es nicht wenige gibt.

Zwei dominierten die Konferenz: Taiwan und das Südchinesische Meer.

Im Mittelpunkt standen die beiden Kontrahenten China und USA, vertreten durch ihre Verteidigungsminister Wei Fenghe und Lloyd Austin. Sie hatten sich vorher noch nie getroffen. Am Freitagnachmittag hatten sie ihr erstes Tete-à-Tete. Beobachter werteten allein dieses einstündige Treffen schon als einen gewissen Erfolg. Wie weit sie aber inhaltlich auseinanderlagen, wurde bei den Reden der beiden klar. Erst sprach am Samstag Austin. Er bekannte zunächst: “The Indo-Pacific is our center of strategic gravity.“ Dann griff er China an, “as the PRC adapts a more coercive and aggressive approach to its territorial claims.” Er sah “an alarming increase in the number of unsafe aerial intercepts and confrontation at sea by PLA aircrafts and vessels”.  Zu Taiwan sagte er: “We do not support Taiwan independence. So our policy hasn´t changed. But unfortunately that doesn´t seem to be true for the PRC.” Gegen Schluss wurde er grundsätzlich: “We do not seek confrontation or conflict. And we do not seek a new Cold war, an Asian NATO, or a region split into hostile blocks.” Aber genau dies warf Wei in seiner Rede am Sonntag den USA vor. Er sprach von „cold-war mentality“. Und weiter: „It will be a historic and strategic mistake to insist on taking China as a threat and of an adversary or even an enemy.” Sehr deutlich wurde er beim Thema Taiwan: “Let me make this clear. If anyone dares to secede Taiwan from China, we will not hesitate to fight. We will fight at all costs. And we will fight to the very end.”

Interessant waren die ähnlich lautenden Statements aus Japan und Südkorea. Premier Fumio Kishida durfte am Freitagabend die Keynote Speech halten. Er kündigte eine substantielle Erhöhung des Verteidigungsetats an und versprach: „Japan will be more proactive than ever in tackling the challenges that face Japan, Asia and the world.“ Südkoreas Verteidigungsminister Lee Jong-sup versprach ebenfalls „dramatically to enhance its deterrence capabilities“. Das dürfte die US-Delegation gerne gehört haben und entlasteten die trilateralen Gespräche zwischen USA, Japan und Südkorea, die zum ersten Mal seit drei Jahren wieder stattfanden.

Mit Spannung wurde der Auftritt des australischen Verteidigungsministers Richard Marles erwartet. Australien hatte ja gerade eine neue (Labour-) Regierung bekommen. Er sprach zunächst sehr viel über China und auch in einer anderen, freundlicheren Tonlage als die Vorgängerregierung Morrison. Der Verteidigungsminister verteidigte AUKUS, die militärische Kooperation zwischen Australien, UK und den USA. Auf eine Frage eines chinesischen Militärs, ob daraus eine asiatische Nato werde, antwortete er: „It`s not an alliance and so it`s not in the same set of arrangements as you would describe NATO.“ Allerdings schloss Marles eine Erweiterung von AUKUS nicht aus: „AUKUS, of course, does not limit our ambitions to do more with other partners, especially Japan and India.”

Ach ja, Europa, das diesen Dialog lange Zeit zweitklassig ignorierte, war auch vertreten. Frankeich und die Niederlande schickten die Verteidigungsminister Sébastien Lecornu und Kajsa Ollongren, Deutschland den Staatssekretär im Auswärtigen Amt Tobias  Lindner. EU-Außenbeauftragter Josep Borrell wäre auch gerne gekommen, aber eine Corona-Erkrankung hinderte ihn daran.

Info:

Die Reden und die Panel-Diskussionen beim Shangri-La-Dialog kann man hier nachhören:

https://www.iiss.org/events/shangri-la-dialogue/shangri-la-dialogue-2022

Das Statement der USA nach dem Gespräch mit Wei Fenghe: https://www.defense.gov/News/Releases/Release/Article/3058807/secretary-austins-meeting-with-peoples-republic-of-china-prc-minister-of-nation/

Die chinesische Sicht nach den Gespräch übermittelte Xinhua: https://english.news.cn/20220610/fc8b24cf90dd4209b7a7672d9bcaf63e/c.html

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