OLD CHINA HANDS I Klaus Grimm, Gründer der Büros von FES und AHK in Shanghai

China Hands wurden im 19. Jahrhundert die wenigen Ausländer genannt, die sich in China auskannten, dessen Sprache und Kultur verstanden- oder zumindest so taten. Später wurden daraus Old China Hands, Leute mit 20 oder von mehr Jahren Erfahrung im Reich der Mitte. Es gibt aber auch zunehmend junge Leute, die sich intensiv mit China beschäftigen, die aber oft nicht zu Wort kommen. Deshalb werde ich neben Old China Hands auch Young China Hands vorstellen – auch wenn Letzteres per definitionem ein Widerspruch ist. Heute wird eine Old China Hand vorgestellt: Klaus Grimm (81).

Seine erste Begegnung mit Asien war alles andere als friedlich. 1967 ging der junge Klaus Grimm nach Süd-Vietnam. In der Nähe von Saigon arbeitete er im Rahmen eines deutschen Entwicklungshilfe-Projekts als Leiter eines Ausbildungszentrums für schwer erziehbare Jugendliche. Doch dann setzte im Februar 1968 die berühmte Tete-Offensive der Nordvietnamesen ein. Grimm musste zurück, brachte aber zwei Erkenntnisse mit. Erstens, Asien ist ein interessanter Kontinent. Zweitens, Ausbildung ist wichtig. Und der gelernte Werkzeugmacher begab sich auf den zweiten Bildungsweg, machte das Abitur nach, studierte und promovierte an der Uni Mannheim. Sein Studium der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften finanzierte er mit einem Stipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), für die er anschließend auch arbeitete. Er war zwar zunächst im Inland stationiert, reiste aber schon viel ins Ausland. China gehörte neben anderen asiatischen Ländern mit zu seinen Projektländern. Irgendwann flog Grimm nach China, um über eine Eröffnung eines dortigen FES-Büros zu verhandeln. Dann kam die chinesische Zustimmung zu einem solchen Büro. Grimm meldete sich: „Aufbau und Leitung des Büros würde ich gerne selbst übernehmen.“ 1984 ging er dann nach Shanghai, wohnte dort mir seine Frau über längere Zeit in einer ungeheizten Kaderwohnung und baute das erste Büro einer deutschen politischen Stiftung in China auf. „Das war eine aufregende Zeit“, sagt Grimm. In jenen Jahren war Chinas Führung noch auf der Suche nach dem richtigen Wirtschaftsmodell. Grimm pries natürlich das deutsche Modell der sozialen Marktwirtschaft und holte viele deutsche Experten, darunter auch vom Sachverständigenrat, nach China. Einige Ideen haben sie übernommen, viele nicht: „Die Chinesen haben sich schon damals rausgepickt, was sie für richtig hielten.“ Bis 1989 leistete er gedankliche Aufbauarbeit von Shanghai aus. Dann lief sein Vertrag aus. Nächster vorgesehener Verwendungsort: Delhi, Indien. Doch dann öffnete sich der Eiserne Vorhang in Europa. Die FES brauchte erfahrene Leute für den Osten. Grimm ging nach Warschau und baute dort das Büro auf. „Wieder landete ich in einem Land des Systemwechsels“, sagt Grimm, „das gefiel mir. Ich konnte auch meine Shanghaier Erfahrungen miteinbringen.“ Fünf Jahre machte er das. Dann klopfte Franz Schoser, damals Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT, heute DIHK) an, ob er denn nicht in Shanghai eine deutsche Auslandshandelskammer aufbauen wolle- Schoser hatte ihn und seine Arbeit vorher in Shanghai kennengelernt. Grimm wollte und ging im Herbst 1994 wieder nach Shanghai. Grimm: „Das war eine tolle Aufgabe.“ Zu der Zeit herrschte unter den deutschen Unternehmen Aufbruchsstimmung Richtung China. Er gründete erst das Delegiertenbüro der Deutschen Wirtschaft in diesem Land, dann die dortige Auslandshandelskammer (AHK) und dann noch ein Dienstleistungsunternehmen GIC – zunächst in Shanghai und später auch in Beijing. 2005 – er war 65 Jahre alt – war dann Schluss in China. Bleiben oder zurück? war die entscheidende Frage. Die beiden Kinder – ein Sohn und eine adoptierte chinesische Tochter – hatten noch mehr als drei Jahre bis zum Abitur. Diese sollten sie an einer deutschen Schule verbringen. Also zurück nach Deutschland, nach Heidelberg. Warum die badische Uni-Stadt? „Meine Frau Tanya und ich hatten uns einst dort beim Studium kennengelernt, wir hatten dort noch einen großen Bekanntenkreis, und dort gab es auch gute Schulen.“ Das Thema China ließ ihn auch nach seiner Pensionierung und dem Ortswechsel nicht mehr los. Er gründete das Konfuzius-Institut in Heidelberg mit, war dort in der Aufbauphase als Geschäftsführer tätig. schränkt aber heute ein: „Ob ich das nochmals machen würde, weiß ich nicht.“ Er nahm dann an mehrere Hochschulen Lehraufträge an und unterrichtete internationales Management. Und er ist bis heute als Berater für deutsche Unternehmen im China-Geschäft unterwegs. Doch sein China-Bild hat sich verändert: „Ich bin zunehmend kritisch geworden gegenüber China“, sagt er, „ich hatte mal die Hoffnung, dass der marktwirtschaftlichen Öffnung auch eine politische folgt. Das hat sich leider nicht bewahrheitet. Auch die marktwirtschaftliche Öffnung hält sich in deutlichen Grenzen, was von deutschen Unternehmen weiterhin regelmäßig beanstandet wird.“

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