Es hat etwas länger gedauert als erwartet. Die Abstimmungsprozesse innerhalb der US-Regierung, aber auch mit den Alliierten und Partnern forderten den zeitlichen Tribut. Aber am 11. Februar konnte die Biden-Regierung endlich ihre „Indo-Pacific-Strategy“ vorlegen. Auf 19 Seiten wird kurz und knapp dargelegt, warum die Region für die USA wichtig ist und was die USA in diesem Jahrzehnt („a decisive decade“) dort vorhaben. Schon der erste Satz macht klar: „The United States is an Indo-Pacific power.“ Dann wird aufgezählt, warum die Region vor allem wirtschaftlich wichtig ist. Sie sei schon heute die Wachstumsregion der Welt und werde weiterwachsen: „It´s influence will only grow.“ Aber leider gebe es in der Region ein Problem: „The Indo-Pacific faces mounting challenges, particularly from the PRC” (PRC=Peoples Republic of China). Die Volksrepublik China betreibe „coercion and aggression“. Amerikanisches Ziel sei aber nicht “to change the PRC but to shape the strategic environment in which it operates.” Wie die USA unter Biden die Region gestalten will, wird auf den nächsten Seiten erklärt. Dort werden fünf Ziele definiert und anschließend werden im Indo-Pacific Action Plan „ten core lines to effort in the next 12 to 24 months“ vorgestellt. An erster Stelle steht – zumindest auf dem Papier – „a free and open Indo-Pacific“. Die USA würden „a partner in strengthening democratic institutions“ sein. Unter anderem wollen die USA ihre diplomatische Präsenz in der Region erhöhen, neue Botschaften und Konsulate eröffnen: „We will focus on every corner of the region.“ Aber auch die Präsenz der US-Küstenwache soll gesteigert werden. Ganz wichtig: die Bildung von Allianzen. In dem Report wird von einem „latticework of strong and mutually reinforcing coalitions“ gesprochen. In diesem Netzwerk befinden sich Alliierte und Partner innerhalb und außerhalb der Region. In Asien wünschen sich die USA ein „empowered and unified ASEAN“ (der Zusammenschluss zehn südostasiatischer Nationen), einen weiteren Aufstieg Indiens und eine engere Kooperation mit Japan und Südkorea. Wichtig sei auch das Quad, das junge Vierer“bündnis“ zwischen den USA, Australien, Japan und Indien. Begrüsst wird ferner, dass „allies and partners outside of the region are increasingly committing new attention to the Indo-Pacific, particularly the EU and the NATO”. Wirtschaftlich wird ein noch nicht näher spezifiziertes “Indo-Pacific Economic Framework“ angekündigt.
Wie waren die Reaktionen im indo-pazifischen Raum? Erwartbar kritisierte China das Papier als ein Dokument des Kalten Krieges, das wieder mal die „China-Threat-Theorie“ verbreite. Australien und Japan als treue Verbündete zollten Beifall, Südkorea war weniger euphorisch. Das stolze Indien, obwohl Quad-Mitglied, laviert eher, will sich nicht von den USA vereinnahmen lassen. Und auch die ASEAN-Staaten, die wirtschaftlich sehr eng mit China verbunden sind, wollen sich ihre strategische Unabhängigkeit erhalten. Sie haben bereits im Juni 2019 ihren “ASEAN Outlook on the Indo-Pacific” verabschiedet, der weniger konfrontativ gegenüber China ist. Generell haben die USA durch ihren Zickzack-Kurs in den vergangenen Jahren Vertrauen in der Region verloren, das sie erst langsam wieder zurückgewinnen können. Erst hatte Barack Obama großspurig 2011 den „Pivot to Asia“ (Schwenk nach Asien) angekündigt, ließ aber den Worten wenig Taten folgen. Nachfolger Donald Trump maß der Region nicht so viel Bedeutung zu, schwänzte manche Gipfeltreffen und kündigte gleich zu Beginn seiner Amtszeit die Trans-Pacific Partnership (TPP) auf. Nun also unter Biden wieder die Hinwendung zur Region. Aber – wer weiß – vielleicht gibt es 2024 wieder einen neuen Präsidenten und erneut einen Kurswechsel.
Info:
Die „Indo-Pacific Strategy of the United States“ hier im Wortlaut: https://www.whitehouse.gov/wp-content/uploads/2022/02/U.S.-Indo-Pacific-Strategy.pdf Der “ASEAN Outlook on the Indo-Pacific” ist hier herunterzuladen: https://asean.org/wp-content/uploads/2019/06/ASEAN-Outlook-on-the-Indo-Pacific_FINAL_22062019.pdf