SPORT I Fußball: Starke Frauen, schwache Männer

Nach Spielschluss stürmte der Ministerpräsident aufs Spielfeld, um den Spielern zu gratulieren. Der Staatspräsident meldete sich umgehend per TV mit Lobeshymnen auf das Nationalteam. Nein, die Rede ist nicht von Li Keqiang und Xi Jinping. Die stürmischen und lobenden Herren heißen Pham Minh Chinh und Nguyen Xuan Phuc, Minister- und Staatspräsident Vietnams. Ihr Fußballteam hatte am Abend des chinesischen und auch vietnamesischen Neujahrstages 3:1 gegen China gewonnen. Das war der erste Sieg Vietnams gegen China – im Fußball. Noch schlimmer für China: Damit ist klar, dass auch die kommende Fußball-Weltmeisterschaft ohne China stattfinden wird. Denn durch die Niederlage in Hanoi ist China Vorletzter in der Qualifikationsgruppe und hat keinerlei Chancen mehr unter die ersten drei zu kommen, die zur Teilnahme an der WM in Qatar im kommenden Dezember berechtigt sind. Was hatten sie zuvor noch alles versucht: Sie hatten den Trainer gewechselt (der Alt-Internationale Li Xiaopeng an Stelle von Li Tie) und den Einsatz naturalisierter Spieler forciert. Es hat alles nichts genützt.  Gegen den Fußballzwerg Vietnam verloren sie fast widerstandslos. Schon nach 16 Minuten lagen sie 0:2 zurück und kamen danach kaum gefährlich vors vietnamesische Tor. Nach dieser bitteren Niederlage und dem Aus in der WM-Qualifikation hagelte es böse Kommentare in den sozialen Medien wie Weibo und Sina Sports. Immer wieder fiel dort das Wort Schande. „Kommt nicht nach China zurück, bleibt dort“, war eine Forderung. Ein anderer wurde sentimental: „Werden wir uns jemals in meinem Leben für eine Weltmeisterschaft qualifizieren?“ Ein Dritter forderte gar eine Verbannung des Fußballs aus China, denn das Land sei nicht für diesen Sport geeignet. Das gilt aber nur für die eine Hälfte der Bevölkerung – die Männer. Denn die andere Hälfte – die Frauen – zeigt, dass erfolgreicher Fußball durchaus auch in China praktiziert werden kann. Während die Männer sang- und klanglos in Vietnam untergingen, zeigte das chinesische Frauenteam bei der Asien-Meisterschaft in Indien seine alte Stärke. Während die Männer 1:3 gegen Vietnam unterlagen, gewannen die Chinesinnen im Viertelfinale mit 3:1 gegen Vietnam. Im Halbfinale kegelten sie dann in Pune die Titelverteidigerinnen aus Japan raus. Nach Verlängerung stand es 2:2. Das Elfmeterschießen gewannen die Chinesinnen schließlich mit 4:3.  Und im Finale gegen Südkorea lagen sie bereits 0:2 zurück, drehten das Spiel aber noch und durch das Siegtor von Xiao Yuyi in der 93. Minute gewannen sie mit 3:2. Dieser Erfolg der Frauen verstärkte in den sozialen Medien noch die Kritik an den Männern, die plötzlich eine gesellschaftliche Dimension bekam. Motto: Die verhätschelten Söhne packen es nicht, aber die diskriminierten Mädchen sind erfolgreich. Auch die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen im chinesischen Fußball wurde kritisiert. Immerhin: Unmittelbar nach dem Titelgewinn bekamen die „Steel Roses“ – so der Spitzname des Frauen-Teams – 4,8 Millionen Dollar an Prämien, zum Teil von Alibaba und Team-Sponsor Mengniu, einem Milchkonzern.  

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