Kaum als neuer außenpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion im Amt hat Jürgen Trittin gleich mal ein paar grundsätzliche Worte zur Außenpolitik zu Papier gebracht, und zwar auf dem Papier der Handelsblatt-Ausgabe vom 16. Dezember. Was der erfahrene Alt-Linke Trittin (68) dort schreibt, klingt etwas anders – oder sagen wir mal: etwas realistischer – als das, was seine Parteivorsitzende und Außenministerin Annalena Baerbock in Interviews und Statements verkündet. Die Überschrift in seinem Gastkommentar ist auch schon Programm: „Realpolitik bedeutet, sich ehrlich zu machen, anstatt empört zu sein.“ Zu der Realpolitik gehöre nun mal, dass internationale Politik eben auch Interessenpolitik sei. Diese würden auch die Staaten des demokratischen Kapitalismus (damit meint er wohl die EU und die USA) betreiben. Dabei verweist er auf die Kolonialpolitik der Europäer und die Interventionspolitik der Amerikaner. Deshalb wird der Westen oft anders gesehen, als er es gerne hätte: „Gerade die Länder des globalen Südens nehmen Europa und die USA weniger als Demokratien wahr denn als ehemalige Kolonialmächte.“ Für Trittin funktioniert „die ebenso bequeme wie populäre Einteilung der Welt in Gut und Böse“ nicht, wie es gerade Joe Biden mit seinem Demokratie-Gipfel versucht hat. Trittin weiter: „Statt eine neue biopolare Welt zu beschwören, muss sich Europa auf gemeinsame globale Interessen konzentrieren. Ohne die USA und China wird es beispielsweise keine Entschärfung der Klimakrise geben – und auch keinen erfolgreichen Kampf gegen die globale Armut.“
Info:
Den Gastkommentar von Jürgen Trittin kann man hier im „Handelsblatt“ nachlesen:
https://amp2-handelsblatt-com.cdn.ampproject.org/c/s/amp2.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/gastkommentar-plaedoyer-fuer-eine-wertorientierte-realpolitik/27894762.html Hier ist Trittin in einer Diskussion mit BDI-Chef Siegfried Russwurm zu sehen und zu hören: https://bdi.eu/artikel/news/wirtschaft-und-werte-brauchen-wir-einen-neuen-kurs-gegenueber-autokratien/