OLD CHINA HANDS I Bernd-Uwe Stucken, Anwalt

China Hands wurden im 19. Jahrhundert die wenigen Ausländer genannt, die sich in China auskannten, dessen Sprache und Kultur verstanden- oder zumindest so taten. Später wurden daraus Old China Hands, Leute mit 20 oder von mehr Jahren Erfahrung im Reich der Mitte. Es gibt aber auch zunehmend junge Leute, die sich intensiv mit China beschäftigen, die aber oft nicht zu Wort kommen. Deshalb werde ich neben Old China Hands auch Young China Hands vorstellen – auch wenn Letzteres per definitionem ein Widerspruch ist. Heute wird eine Old China Hand vorgestellt: Bernd-Uwe Stucken (64).

Das Leben besteht aus Zufällen. Eine Binsenweisheit. Wer weiß, wie das Leben von Bernd-Uwe Stucken verlaufen wäre, wenn damals 1989 dem Doktoranden Stucken in dessen Rigorosum an der Uni Göttingen nicht Jura-Professor Uwe Blaurock gegenübergesessen hätte. Blaurock – heute längst emeritiert in Freiburg lebend – baute damals an der Uni Nanjing das Deutsch-Chinesische Institut für Wirtschaftsrecht auf und suchte einen Vizedirektor, der den Aufbau vor Ort umsetzen sollte. Er fand ihn spontan in Stucken. Neben seiner fachlichen juristischen Qualifikation hatte Stucken noch ein persönliches Plus: Er war mit einer Chinesin befreundet.  So landete Stucken mit Freundin im September 1989 in Nanjing und heiratete im Jahr darauf seine Freundin. Fast 30 Jahre sollten die beiden in China bleiben. Kein deutscher Jurist und Anwalt kann mehr Erfahrung vor Ort vorweisen wie Stucken.  Er diente nach seiner Nanjing-Zeit ab 1994 mehreren Kanzleien, erst Schulz Noack Bärwinkel, dann Haarmann Hemmelrath, danach Salans und zuletzt Pinsent Mason. Bei fast allen baute er Büros auf, zumeist in Shanghai, aber auch in Beijing und Hongkong. Aber stets war sein Dienstsitz Shanghai. Stucken hat sich dabei einen Namen als Experte bei Unternehmenskäufen und Restrukturierungen gemacht. Seit 2018 ist er zurück in seiner Heimatstadt Hamburg, wohnt dort im Elbvorort Nienstedten und berät nach wie vor Unternehmen im China-Geschäft, zumeist bei der Strategiebildung und Verhandlungsgestaltung. Ich treffe ihn an einem Spätsommertag allerdings nicht an der Elbe, sondern an der Spree im Biergarten des Zollpackhofs, direkt gegenüber dem Bundeskanzleramt. Dort residiert bekanntlich noch Angela Merkel, die ja einen moderaten, dialogorientierten China-Kurs fährt. Der gefällt vielen nicht. Auch Stucken, Mitglied des CDU-Wirtschaftsrats, ist kritisch und steht eher zu den klaren Positionen eines Friedrich Merz. Stuckens China-Bild hat sich im Laufe der Zeit verändert. Er schwärmt von den 90er und erst recht von den 00er Jahren. „Es ging in die richtige Richtung“, sagt er, „die Leute konnten reisen, freier reden. Es herrschte Aufbruchstimmung.“ Doch diese hielt nicht an. Er taxiert den Stimmungsumschwung auf 2012/2013, nicht zufällig die Jahre des Machtwechsels an der Spitze hin zu Xi Jinping. Das System sei repressiver geworden: „Wenn man Menschen nicht mehr frei reden lässt, habe ich ein Problem mit dem System“, sagt Stucken. Er genießt deshalb jetzt die Freiheit in seiner demokratischen Heimat und die doch bessere Lebensqualität hierzulande. Manchmal geht er aber auch hier in die Luft. Er hat nämlich den Flugschein gemacht und so kann man ihn, wenn er Zeit hat und das Wetter es zulässt, auch schon einmal über den Wolken in Norddeutschland und Nordeuropa finden. 

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