Von den Grünen hört man derzeit am meisten zum Thema China. Da ist natürlich Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, die von Interview zu Interview eilt und nicht jedes Mal was Neues zu China sagen kann. Im Interview mit der FAS (14. August) kündigte sie eine schärfere Handelspolitik gegenüber China an: “Wir müssen auf die Einhaltung von Standards achten, wenn es in anderen Weltregionen Dumping gibt. Zum Beispiel durch einen entsprechenden Aufschlag für Unternehmen, die auf dem chinesischen Markt subventioniert worden sind oder bei denen es keine Umweltstandards gibt.” Erreichen möchte sie das unter anderem durch höhere Zölle. Außerdem solle die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen gesichert werden, indem Antisubventionsinstrumente weiterentwickelt werden, sagte sie. Im Interview der Woche des Deutschlandfunks (15. August) plädierte sie für ein souveräneres Europa: „Wir stehen jetzt wieder an einem Moment, wo wir als Europäer unsere eigene Souveränität definieren müssen oder wir werden zerrieben zwischen den anderen Kräften Amerika und China.“ Kanzlerin wird Baerbock nach den aktuellen Umfragen wohl nicht werden, aber in einer Koalition eventuell Außenministerin. Was sie dann zu tun hat, erklärte ihr Parteikollege Cem Özdemir, der auch mal Außenminister werden wollte, in einem Gespräch mit dem Handelsblatt: „Natürlich würde sich auch eine Außenministerin oder ein Außenminister unserer Partei mit den autoritären Herrschern treffen müssen. Aber ich wünsche mir, dass unsere europäischen Werte nicht am Check-in-Schalter abgegeben werden – wie etwa in der Chinapolitik beim Thema Huawei. Eine Außenpolitik, die einem wertegeleiteten Realismus folgt, muss mit denen arbeiten, die regieren, darf aber unsere Werte nicht vergessen. Auch die Wirtschaft muss sich damit auseinandersetzen, dass in einer veränderten Weltlage veränderte Rahmenbedingungen existieren.“ +++ Beim Wahlkampfauftakt der CDU/CSU im Berliner Tempodrom am 21. August spielte China bei den Reden von Armin Laschet, Angela Merkel und Markus Söder keine Rolle. Interessant waren die Ausführungen von Markus Söder auf der Pressekonferenz am 19. August in München. Man müsse auch mit Partnern – und er meinte damit auch China – reden, „die uns schwerfallen”. Er stellte dort die rhetorische Frage: “Wie ambitioniert müssen wir sein in der Verfechtung unserer demokratischen Werte und wie realistisch in der Sicherung unserer Interessen?” CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ergänzte realistisch: “Wir werden die liberale Demokratie nach westlichem Vorbild nicht überall umsetzen können, auch wenn das für uns eine schmerzhafte Erkenntnis und Erfahrung ist.” +++ Von Olaf Scholz sind in den vergangenen Tagen nur zwei Statements zu China überliefert. In beiden sieht er Europa als eigenständigen Pol im globalen Mächtespiel. Im Magazin GQ (10. August) nennt er als „die größte außenpolitische Herausforderung der nächsten Jahre,dass sich Europa zwischen den Machtpolen der Welt – USA, China, Russland, aber bald auch weiteren mächtigen asiatischen, afrikanischen oder lateinamerikanischen Staaten – behauptet. Dafür brauchen wir ein starkes und souveränes Europa.“ Und in der Rheinischen Post (23. August) verkündet er: „Wir haben einen klaren Plan, wie wir die wirtschaftlichen Grundlagen unseres Landes mit ökologischer Industriepolitik sichern können, auch im Wettstreit mit den Supermächten China und USA.“ +++ interessant, dass dem schmallippigen Scholz nach einer Umfrage des Spiegel die größte außenpolitische Kompetenz zugemessen wird. 39 Prozent der Befragten halten ihn für sehr oder eher kompetent. Der ehemalige Europaparlamentarier Armin Laschet und die Völkerrechtlerin Annalena Baerbock kommen nur auf jeweils 16 Prozent. Anders sieht es bei den Parteien aus. Da liegt die CDU/CSU mit 37 Prozent klar vor der SPD (17) und den Grünen (9). +++ Der in Berlin lebende Ex-Reuters-Journalist Noah Barkin (mal für German Marshall Fund, mal für Rhodium Group schreibend) hat in seiner Note “Berlin and Beijing: German China Policy After Merkel” (Rhodium Group, 25. August) mögliche Koalitionen durchgespielt und untersucht, welche Auswirkungen sie auf die deutsche China-Politik haben könnten. Sein Fazit: “Regardless of the outcome, a new German government – and chancellor – will face pressures at home, in Europe and from allies like the US to further adapt its approach to new geopolitical realities in the years ahead.”
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