OLD CHINA HANDS I Jutta Ludwig, Beraterin

China Hands wurden im 19. Jahrhundert die wenigen Ausländer genannt, die sich in China auskannten, dessen Sprache und Kultur verstanden- oder zumindest so taten. Später wurden daraus Old China Hands, Leute mit 20 oder von mehr Jahren Erfahrung im Reich der Mitte. Es gibt aber auch zunehmend junge Leute, die sich intensiv mit China beschäftigen, die aber oft nicht zu Wort kommen. Deshalb werde ich neben Old China Hands auch Young China Hands vorstellen – auch wenn Letzteres per definitionem ein Widerspruch ist. Heute wird eine Old China Hand vorgestellt: Jutta Ludwig (68).

Sie hat Deng Xiaoping persönlich getroffen. Gerade hatte die Sinologin und Volkswirtin Jutta Ludwig beim Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft angeheuert und schon reiste sie im Herbst 1984 mit vier Hochkarätern der deutschen Wirtschaft – allen voran Hermann Josef Abs und Heinrich Weiss – nach Beijing, wo Deng ausländischen Delegationen sein Öffnungsprogramm präsentierte. Kurze Zeit später stieß noch Kanzler Kohl mit vielen CEOs im Schlepptau zu der Mini-Truppe in Beijing. Es war eine reine Männergesellschaft, die dort auftrat. Ludwig erinnert sich noch an die Reden, die meist so begannen: „Frau Ludwig, meine Herren.“ Aber die Herren brauchten in Beijing diese Frau, denn sie sprach Chinesisch und konnte ihnen damit Türen öffnen. „Alle bekamen Gespräche“, erinnert sie sich. Und einige flogen mit Vorverträgen zurück. Fortan war Jutta Ludwig eine gefragte Frau und China sollte bis heute ihr berufliches Leben in den unterschiedlichsten Funktionen bestimmen.

Neun Jahre leitete sie den Arbeitskreis China im Ostausschuss der deutschen Wirtschaft. Es war viel Pionierarbeit damals notwendig. Ludwig war enge Mitarbeiterin der Pionier-Unternehmer Heinrich Weiss (Anlagenbau) und Otto Wolff von Amerongen (Stahl), die erstmals wieder große Geschäfte mit China tätigten. Wolff war es auch, der nach dem Tiananmen-Massaker 1989 und dem anschließenden Redeverbot mit China sagte: „Du, wir müssen dahin, ein großes Land bestraft man nicht.“ Sie trafen in geheimer, aber von Bonn befürworteter Mission Ministerpräsident Li Peng und den gesamten Staatsrat. Danach begannen sich die Wirtschaftsbeziehungen langsam wieder zu normalisieren. 1992 stieg Ludwig beim Ost-Ausschuss aus, wechselte zu Karstadt. „Ich wollte ganz gerne mal zu einem Unternehmen“, sagt sie. Für den Warenhauskonzern sollte sie den Direkteinkauf in China organisieren. Das lief zunächst gut an, aber dann hatte der Vorstand nach der Übernahme von Hertie andere Pläne. Im Herbst 1995 verließ sie Karstadt und wechselte in eine andere Welt – zum Wuppertal Institut Klima, Wuppertal, Energie. „Ich hatte immer einen guten Draht zu Ernst Ulrich von Weizsäcker“, sagt sie. Mit dem Präsidenten des Instituts machte sie viele gemeinsame Projekte in China, vor allem zur Materialeffizienz. Sieben Jahre arbeitete sie dort, dann kam der Anruf, ob sie bereit wäre für einen Job in Beijing. Sie war bereit. Ihre drei Söhne waren „versorgt“ – einer im Internat, zwei im Studium. „Das passte“, sagt sie. 2003 übernahm sie als Nachfolgerin von Klaus Grimm die Auslandshandelskammer (AHK) in Beijing. Es waren Aufbruchsjahre in China. Viele Firmen entdeckten den chinesischen Markt. Die AHK wuchs, Büros in Shenyang und Tianjin wurden etabliert. „Ich fühlte mich selbst als Unternehmerin“, sagt Ludwig, obwohl sie auch eng in die wirtschaftspolitische Zusammenarbeit zwischen Berlin und Beijing eingebunden war.. Sie hatte 50 Mitarbeiter, als sie 2011 die Kammer Richtung Hamburg verließ. In ihrer Heimatstadt übernahm sie die Leitung der Wirtschaftsförderung. Im Herbst 2013 hörte sie dort auf. „Das war dann auch gut so“, sagt sie einsilbig über dieses Engagement. Seitdem arbeitet sie als Beraterin und profitiert von ihrem enormen Netzwerk. Sie hilft Unternehmen, die auf den chinesischen Markt wollen oder dort bereits sind und expandieren wollen. Sie sitzt im Aufsichtsrat des Medizintechnikunternehmens Eckert & Ziegler, das gerade eine Produktion in China aufbaut. „Das ist eine extrem spannende Tätigkeit,“ sagt sie. Es scheint, dass sie noch Lust auf ein weiteres Mandat hätte.

Info:

Die Homepage von Jutta Ludwig lautet: www.cn-ludwig.de/Home

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