POLITIK I Regierungskonsultationen

Es lag etwas Wehmut über diesem Treffen am Morgen des 27. April. Angela Merkel saß im Internationalen Konferenzsaal des Bundeskanzleramtes und las ihre kurze Eingangsrede ab. Ein Satz darin lautete: „Das sind meine letzten Regierungskonsultationen“. Zum sechsten Mal trafen sich die Kabinette beider Länder zu diesen Gesprächen. 25 Minister saßen sich virtuell gegenüber. „So viele wie noch nie“, betonte Chinas Regierungschef Li Keqiang, der das als Beweis für die guten Beziehungen sehen wollte.  Welche Themen nach den Eingangsstatements dann hinter verschlossenen Türen besprochen wurden, erklärte später Regierungssprecher Steffen Seibert: Klima- und Umweltschutz, Bekämpfung von Covid-19, gegenseitige Anerkennung von Impfnachweisen. Und ja, es wurde auch über Menschenrechte gesprochen. Dabei sprach sich Merkel für eine baldige Fortsetzung des bilateralen Menschenrechtsdialogs aus.

Nach der Politikerrunde trafen sich die Regierungschefs und die Wirtschaftsminister noch mit Konzernchefs beider Länder. Ursprünglich waren auf deutscher Seite drei Manager vorgesehen: Joe Kaeser (Ex-Siemens, Chef des Asien-Pazifik-Ausschusses APA), Oliver Zipse (BMW) und Cathrina Claas-Mühlhäuser (Claas). Doch dann wurde der Kreis plötzlich auf sieben Teilnehmer erweitert, darunter die Autobosse Herbert Diess (VW) und Ola Källenius (Daimler) sowie Christian Klein (SAP) und Hubertus von Baumbach (Boehringer Ingelheim).

Bereits in den Tagen vor dieser großen Runde hatten sich einige Ressortchefs zu bilateralen Gesprächen getroffen, so zum Beispiel die Außenminister Heiko Maas und Wang Yi am 21. April. Danach sagte Maas: „Abkoppelung ist aus unserer Sicht der falsche Weg. Wir brauchen starke belastbare Gesprächskanäle nach Peking.“ Zwei Tage später redeten die beiden Justizminister – Christine Lambrecht und Tang Yijun – miteinander. Lambrecht danach: „Ich bin der Überzeugung, dass wir nur im Dialog Verbesserungen im Sinne der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte erzielen können.“ Immerhin: Diese Regierung macht sich noch für den Dialog mit China stark. Aber allein schon mit China zu reden, ist manchen verdächtig. Es scheint so, dass einige Beobachter es gar nicht mehr erwarten können, bis Merkel weg ist. Ihr wird – nur weil sie keinen konfrontativen Politikstil betreibt – eine „chinafreundliche Politik“ (Handelsblatt) und „prochinesische Politik“ (ARD Hörfunk) unterstellt. Man darf gespannt sein, welchen Kurs der Nachfolger oder die Nachfolgerin gegenüber China fahren wird: Weiter so oder Hau drauf. In zwei Jahren sollen die nächsten Regierungskonsultationen stattfinden. Merkel ahnt nichts Gutes, wie sonst soll man ihre Worte zu Beginn des Treffens am vergangenen Mittwoch deuten: „Ich hoffe, dass es nicht die letzten Regierungskonsultationen sein werden.“

Info:

Die Eingangsstatements von Li Keqiang und Angela Merkel sind hier zu sehen: https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/deutschland-china-1898686?utm_source=morgenlage-politik

Das Kommuniqué der beiden Außenminister: https://www.auswaertiges-amt.de/blob/2456728/f6d00e5852f84e6cfb14d02a3b5ec0e5/210428-am-erklaerung-data.pdf

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