POLITIK I Asien mit China

Es war sicher die ungewöhnlichste Unterzeichnungszeremonie eines multilateralen Vertrages. In der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi saßen Premierminister Nguyen Xuan Phue und Handelsminister Tran Tuan Anh vor einem riesigen Bildschirm, auf dem 16 kleine Bildausschnitte zu sehen waren. In den Hauptstädten von 15 Ländern und am Asean-Sitz in Jakarta posierten auch jeweils die Regierungschefs und der Handelsminister. Der Reihe nach unterzeichneten sie ein Abkommen und hielten dann meist lächelnd die Seiten mit den geleisteten Unterschriften in die Kamera. Sie besiegelten ein Freihandelsabkommen mit dem Kürzel RCEP, das die größte Handelszone der Welt kreierte. 

In Europa und den USA tat man überrascht, als ob man nicht gewusst hat, dass dieses Abkommen seit Jahren verhandelt wird. Irgendwie war auch ein beleidigender Unterton dabei, weil da etwas ohne sie geschieht. Selber Schuld, zumindest was die USA anbetrifft. Barack Obama hatte einst was ganz anders vor. Er wollte China isolieren und schmiedete deshalb die Trans Pacific Partnership (TPP) – eine Handelszone ohne und damit gegen China. Aber als nach langen, zähen Verhandlungen TPP endlich unter Dach und Fach war, kam Donald Trump an die Macht. Mit dem Federstrich seiner Unterschrift kündigte er das Abkommen auf bevor es überhaupt in Kraft trat. 

Und plötzlich kam die RCEP wieder ins Spiel. Für China ist das Abkommen ein bedeutender Prestigegewinn: Seht her, wir reden nicht nur über Multilateralismus, sondern wir praktizieren ihn auch.  Zum ersten Mal nimmt China damit an einem multilateralen Freihandelsabkommen teil. Bisher hat das Land nur bilaterale Abkommen abgeschlossen. Und noch ein Novum – und dieses ist wohl noch höher zu bewerten – ist zu vermelden: Erstmals machen die großen Wirtschaftsmächte Ostasiens – China, Südkorea und Japan – gemeinsame Sache. Dass Japan beim RCEP mitmacht, widerlegt auch die häufig gehörte Einschätzung, dass das ein Abkommen unter Führung Chinas sei. So leicht lässt sich Japan (und auch Korea) nicht unterordnen. Interessant ist auch, dass Australien, das sich ja in einem heftigen Handelsstreit mit China befindet, dabei ist.

Schließlich erhoffen sich alle Beteiligten durch den Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen eine weitere Verbesserung des innerasiatischen Handels. Das scheint mir auch die wichtigste Botschaft zu sein: Asien, das ja im Vergleich zu Europa und den USA relativ glimpflich durch die Corona-Krise gekommen ist, wird durch RCEP wirtschaftlich noch stärker werden.  

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