WISSENSCHAFT I Chinazentren an deutschen Unis

    Wer an deutschen Universitäten Land und Sprache Chinas studieren wollte, musste sich in Sinologie einschreiben. Doch es gibt inzwischen Alternativen zu diesem Studium. Schon seit Jahren bieten diverse Universitäten und Fachhochschulen Kombi-Studiengänge an, meist Betriebs- oder Volkswirtschaft plus Sprache Chinas.

    Und es gibt noch eine dritte Möglichkeit, sich als Studierender (Basis-)Wissen über China anzueignen. Man schreibt sich an einer (Fach-)Hochschule ein, die ein sogenanntes China-Zentrum hat. Die Hochschule Konstanz für Wirtschaft, Technik und Gestaltung (HWTG) in Konstanz zum Beispiel hat ein solches China-Zentrum.

    An der HWTG kann man neben dem erwähnten Kombi-Studiengang zu China ganz klassische Fächer wie Architektur und Gestaltung, Bauingenieurwesen, Elektrotechnik, Informatik und Maschinenbau studieren. Für manchen Studenten dieser Fächer kann es beim Berufseinstieg oder auch im späteren Berufsleben hilfreich sein, neben dem Fachwissen auch etwas China-Kompetenz zu haben, denn schließlich sind viele deutsche Unternehmen gerade in diesen Branchen in China erfolgreich unterwegs.

    Und dieses Wissen vermittelt das Chinazentrum an der HWTG. Co-Leiterin ist die Sinologin Helena Obendiek. Sie sagt: „Wir bieten jedes Semester drei Kurse für Studierende aller Fachrichtungen an.“ Der erste nennt sich „Herausforderung China“, könnte aber auch China für Anfänger heißen. „Die kommen oft mit Null Vorwissen an, in der Schule war China ja kein Thema.“ sagt eine leicht erschütterte Obendiek. Im zweiten Kurs „De-Code China“ wird es etwas praktischer. Dort wird erklärt, was Chinas Unternehmen so innovativ macht. Und im dritten Kurs wird interkulturelle Kompetenz vermittelt. In gemischten deutsch-chinesischen Gruppen werden Aufgaben bearbeitet. Dadurch werden unterschiedliche Herangehensweisen für die Studierenden direkt erfahren. Wer will (und es wollen viele) kann im Sommersemester noch eine zweiwöchige Exkursion nach China mitmachen.

    Wie ist die Akzeptanz frage ich Helena Obendiek? „Sie hat sich verbessert. Die Studierenden wollen mehr über China erfahren, weil sie sehen, dass China wirtschaftlich und technologisch eine interessante Entwicklung genommen hat.“

Das Schwierigste sei, die Studenten für die Auseinandersetzung mit China zu begeistern. Aber wenn sie dann mal dabei seien, sei es kein Problem mehr. Neben den Studenten bietet das China-Zentrum auch Kurse für Mitarbeiter und Lehrende an. Mit einem Vortragsprogramm zu aktuellen China-Themen und dem „China-Kino“ (das derzeit leider pausiert) wendet sich das Zentrum nicht nur an die Hochschulmitglieder, sondern auch an die Konstanzer Öffentlichkeit.

     Das China-Zentrum an der HWTG wurde im Oktober 2018 eingerichtet. Das Konstanzer Zentrum und die anderen China-Zentren an deutschen Hochschulen sind ein Reflex auf die im Mai 2018 veröffentlichte Merics-Studie „China kennen, China können“, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in Auftrag gegebenen hatte und ein erschreckendes Defizit an China-Kompetenz an deutschen Hochschulen feststellte. Das BMBF fördert deshalb bundesweit elf China-Projekte, die – außerhalb der Sinologien  – mehr China-Kompetenz und China-Kooperationen an die Hochschulen bringen sollen. Der Aufbau des neuen China-Zentrums in Konstanz wurde mit 535 000 Euro gefördert. Allerdings nur drei Jahre lang. Wie es danach weitergehen wird, weiß Helena Obendiek noch nicht.

Info:

Mehr Informationen über das China-Zentrum an der HWTG Konstanz gibt es hier: https://www.htwg-konstanz.de/hochschule/einrichtungen/china-zentrum/ueberblick/

Eine Übersicht über die vom BMBF geförderten Projekte zum Ausbau der China-Kompetenz an deutschen Hochschulen ist hier: https://www.internationales-buero.de/de/china_kompetenz_an_deutschen_hochschulen.php

Einige Chinazentren haben sich zum Verband der Chinazentren an Deutschen Hochschulen zusammengeschlossen. Informationen dazu: www.chinazentren.de

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