Am 3. November wird bekanntlich in den USA gewählt. Es wird eine sehr wichtige Wahl werden, in vielerlei Hinsicht, aber auch was das Verhältnis der USA zu China anbetrifft. Das Thema China hat in den vergangenen Wochen eine zunehmende Rolle im Wahlkampf gespielt. Vor allem Trump prügelte auf China ein. Er nannte hartnäckig Covid-9 den „China-Virus“. Er drohte China mit einer saftigen Rechnung für das Unheil, das sie mit dem „China-Virus“ über die Welt brachten. Er verbot einer chinesischen Firma nach der anderen den Zutritt zum amerikanischen Markt. Er schickte Kriegsschiffe ins Südchinesische Meer. Er spielte den starken Mann, um von seinen Schwächen abzulenken. Und wenn „Sleepy Joe“ (Biden) an die Macht käme, dann Gute Nacht Amerika. Er verspottete seinen Herausforderer als „Beijing Biden“. Unter Biden – so Trump wörtlich – „will China run the US“. Und die Amerikaner “will have to learn to speak Chinese.” Unter Biden würden die USA zu einer Kolonie der Chinesen. Plumpes Wahlkampfgetöse, das zeigt wie tief das Niveau der politischen Auseinandersetzung in den USA gesunken ist.
Aber was will Biden wirklich? Wie sieht seine China-Politik aus? Auch ein Biden wird tough gegenüber China sein. Denn der grundsätzliche Konflikt zweier rivalisierender Großmächte bleibt ja bestehen. Auch ein Biden wird amerikanische Arbeitsplätze verteidigen, auch ein Biden kann nicht zulassen, dass die USA technologisch ins Hintertreffen gerät. So vertritt er auch gegen Huawei eine harte Linie. „No, I would not“ antwortete er auf die Frage, ob er chinesischen Unternehmen erlauben würde, kritische Infrastruktur in den USA zu bauen. Und in Teilen seines Wahlkampfteams verschwanden die TikTok-Apps von den Handys.
Was sich aber unter Biden ändern könnte, ist die Tonlage im Umgang mit China. Es wird diplomatischer zugehen. „Biden`s policies (versus China) will be better coordinated, less abrupt, but move in the same direction“, prophezeit Experte James Andrew Lewis (CSIS). Kürzlich sagte Biden in CNN, er betrachte China als Wettbewerber, als ernstzunehmenden Wettbewerber (Russland nannte er übrigens in derselben Sendung als Gegner). Und Biden sieht Chinas Stärke nicht als alleinigen Grund für Amerikas Schwäche. „To win the competition for the future against China or anyone else, the United States must sharpen its innovative edge”, schrieb er in einem Artikel für die diesjährige Februar/März-Ausgabe von Foreign Affairs.
Was sich auch ändern wird, ist die Rückkehr zum Schulterschluss mit Freunden und Verbündeten. Vor allem mit der EU. Sein handelspolitischer Berater Tony Blinken rechnet vor: Alleine würden die USA nur 20-25 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts ausmachen, aber zusammen mit der EU zwischen 50 und 60 Prozent. Das sei „a lot harder for the government in Beijing to ignore.”
Biden, der auch in der Menschenrechtsfrage aggressiver und glaubwürdiger als Trump auftreten wird, wird also für die Führung in Beijing nicht unbedingt angenehmer sein. Für sie ist es eine Wahl zwischen Scylla und Charybdis. Als Trumps gefeuerter Sicherheitsberater John Bolton kürzlich gefragt wurde, wie denn Xi und Genossen wählen würden, wenn sie denn dürften, sagte er: „ I think they`d probably vote for Biden, not because they think he`d be softer on China, but because he`d be more predictable.“
Info:
Das Wahlkampfprogramm der Demokraten mit entsprechenden Passagen zu China kann man hier lesen: https://www.demconvention.com/wp-content/uploads/2020/08/2020-07-31-Democratic-Party-Platform-For-Distribution.pdf
Daniel H. Rosen (Rhodium Group) hat die Positionen der beiden Wahlkämpfer zu China analysiert: https://rhg.com/research/biden-trump/
In einem aktuellen Podcast der Stiftung Wissenschaft und Politik (swp) spricht Laura von Daniels mit dem neuen swp.-Chef Stefan Mair über das Verhältnis der USA zu China und die Auswirkungen auf die EU: https://www.swp-berlin.org/publikationen/?tx_dreipcswpdb_publications%5Badd%5D%5BthematicCategories%5D=2193&cHash=6ed02ad55588fb5bf6f8412d1fafaf3c