Liebe Leser,

    Kürzlich erzählte mir ein Abgeordneter des Deutschen Bundestages von einer Anfrage bei der Verwaltung des Hohen Hauses, ob man in diesem auch Chinesisch lernen könne. Das war kein abwegiges Ansinnen, denn diese bietet durchaus Sprachkurse für weiterbildungsbewusste Volksvertreter an. Klar Englisch, Französisch, Spanisch gibt es schon längst im Angebot, aber Chinesisch? Das sei eine Exotensprache, beschieden die Beamten sinngemäß und lehnten ab. Man ist sprachlos: Eine Sprache ist nicht im Angebot, die nur von 1,4 Milliarden Menschen in einem Land gesprochen wird, das unser wichtigster Handelspartner ist, sich anschickt Weltmacht zu werden und das 21. Jahrhundert (mit-)bestimmen wird, .

   Diese Episode ist symptomatisch für den Umgang des politischen Betriebs mit China.  Das ist das Fazit meiner Serie über die Parteien und ihr Verhältnis zu China, Eine Serie, die ich in dieser Ausgabe beenden wollte. Eigentlich wollte ich noch über die AfD in dieser Ausgabe berichten, doch diese braucht noch etwas Zeit mit dem Erstellen ihres China-Papiers. Deswegen kommt Nachzügler AfD etwas später an die Reihe.

  Alle anderen fünf im Bundestag vertretenen Parteien habe ich in den vergangenen Wochen nach ihrem Umgang mit und ihren Einstellungen zu China befragt. Drei Erkenntnisse habe ich dabei gewonnen. Erstens: Die Parteien beschäftigen sich – endlich – intensiver mit dem Thema China. Zweitens: Fast alle Parteien sind mal mehr, mal weniger gespalten, was den Umgang mit China anbetrifft. Drittens: Die China-Kompetenz in den Parteien ist rudimentär vorhanden. Letzteres ist keine neue Erkenntnis, aber es ist immer wieder erschreckend festzustellen, wie wenig Wissen über China in der deutschen Politik verbreitet ist. Aber auf Basis dieses Nicht- oder Halbwissens wird munter argumentiert und diskutiert.

    Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gab vor zwei Jahren eine Studie heraus: „China kennen, China können“.  Dort wurde das Wissensdefizit über China in der deutschen Bildungslandschaft beklagt. In der politischen Landschaft sieht es freilich nicht viel besser aus. Wir brauchen dringend mehr China-Kompetenz in den Parteien, den Fraktionen und den Administrationen. Man muss ja nicht gleich die Sprache lernen.

   Übrigens: Wussten Sie, wer die einzige Abgeordnete ist, die Chinesisch kann? Alice Weidel von der AfD.

Wolfgang Hirn

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