POLITIK I China und Iran/Türkei

 Der Iran hatte große Hoffnung auf das Atomabkommen gesetzt. Nach dessen Unterzeichnung mit den fünf Mitgliedsstaaten des UN-Sicherheitsrats und Deutschland wollte das Land den Paria-Status verlassen, hoffte auf Geschäfte mit und Investitionen aus dem Westen. Doch Trumps Kündigung des Abkommens mit anschließenden erneuten Sanktionen und Europas halbherzige Verteidigung des Abkommens enttäuschte die Führung des Irans um Präsident Hassan Rouhani und Außenminister Mohammad Javad Zarif , die ja eher zu den Moderaten zählen.

   Die Folge ist eine Neuorientierung des Iran. Abdul Basit, Forscher an der S. Rajaratnam School of International Studies (RSIS) in Singapur, sagt: “It seems the Trump administration`s maximum pressure policy against Iran has pushed the country into the arms of China.” Und Josef Braml von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) ergänzt: „.Enttäuscht von den Europäern versucht der Iran nunmehr, mit seiner „Look to the East“-Strategie Alternativen in Asien zu finden und Wirtschaftsbeziehungen mit Asiens führenden Mächten auszubauen.“

   So ist es nicht verwunderlich, dass Im Juli die New York Times über den geleakten Entwurf eines 18seitigen Abkommens zwischen China und den Iran berichtet. Dessen Laufzeit soll 25 Jahre betragen. In diesem Zeitraum bekommt China iranisches Öl zu günstigen Konditionen. Als Gegenleistung investiert China bis zu 400 Milliarden Dollar in die marode iranische Infrastruktur von Energie, Verkehr und Telekommunikation. China bekommt Zugang zu diversen Häfen des Iran, darunter dem strategischen Hafen in Bandar-e-Dschask, direkt an der Straße von Hormuz gelegen. Zusammen mit den beiden Häfen Gwadar (Pakistan) und Dschibuti, wo China schon Flagge zeigt, verbessert China damit seine strategische Position in der Region. Jeffrey Payne urteilt in der Zeitschrift Foreign Policy: „It is fair to say that this agreement would have substantial geopolitical consequences for the Middle East and the Indian Ocean region.”

   Iran wird für China immer wichtiger. Nochmals Josef Braml: „Dank seiner guten wirtschaftlichen und diplomatischen Beziehungen mit zentralasiatischen Staaten, spielt der Iran eine wichtige Rolle in Chinas Seidenstraßen-Plänen.“ Es gibt bereits eine Bahnverbindung zwischen Urumqi (China) und Teheran. Und die China Railway Company plant gar eine Hochgeschwindigkeitsstrecke.

      Und noch ein vom Westen enttäuschtes Land der Region nähert sich offenbar China an: die Türkei. Während dort westliche Firmen fliehen, engagieren sich bereitwillig chinesische Konzerne. Die größte türkische E-Commerce-Plattform Trendyol ging für 750 Millionen Dollar mehrheitlich an Alibaba. Cosco und andere chinesische Investoren haben sich am Containerterminal Kumport im europäischen Teil Istanbuls beteiligt. Seit einem Jahr fahren Züge aus China durch das Marmaray Tunnel nach Europa.

       Schon zehn bilaterale Abkommen wurden seit 2016 zwischen China und der Türkei unterzeichnet. „China kommt Erdogan zu Hilfe“, kommentieren die beiden Experten Ayca Alemdaroglu (Stanford) und Sultan Tepe (University of Illinois) in einem Aufsatz für Foreign Policy, wo sie auflisten wie weit die Zusammenarbeit der beiden Länder schon gediehen ist.

    Türkei und Iran – zwei vom Westen verstoßene Regionalmächte begeben sich also in den Orbit Chinas. Das kann dem Westen nicht gefallen. Aber er ist selbst schuld an dieser Entwicklung.

Info:

Ellie Geranmayeh (ECFR): A pragmatic partnership: Why China and Iran try to collaborate https://www.ecfr.eu/article/commentary_a_pragmatic_partnership_why_china_and_iran_try_to_collaborate

Ayca Alemdaroglu und Sultan Tepe: Erdogan is Turning Turkey Into a Chinese Client State:  https://foreignpolicy.com/2020/09/16/erdogan-is-turning-turkey-into-a-chinese-client-state/

Vor kurzem erschien das Buch von Guy Burton: China and Middle East Conflicts – Responding to War and Rivalry from the Cold War to the Present, Rotledge, 282 Seiten, 120 britische Pfund.

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