POLITIK | Kampf ums Südchinesische Meer

Sollte aus dem gegenwärtigen Kalten Krieg mal ein heißer werden, dann wird er hier beginnen: Im Südchinesischen Meer. Nirgendwo prallen die beiden Kontrahenten – China und USA – unmittelbarer aufeinander als in diesem riesigen Gewässer.  Für die Chinesen ist es mare nostrum, für die Amerikaner ein internationales Gewässer.

    Die USA haben sich immer auch als pazifische Macht verstanden. Unter Barack Obama und Hillary Clinton vollzogen sie – zumindest verbal – einen „Pivot to Asia“, der Schwenk nach Asien. Der Ankündigung folgten jedoch unter Obamas Regierung wenige Taten. Nachfolger Trump schenkte der Region anfangs auch wenig Beachtung, kippte als einer seiner ersten Amtshandlungen sogar das nahezu ausgehandelte TPP-Abkommen.  TPP steht bzw. stand für Trans-Pacific Partnership, ein Handelsabkommen zwischen fast aller Pazifik-Staaten – außer China. Viele asiatische Staaten fühlten sich damals von den USA im Stich gelassen und fürchteten durch den isolationistisch denkenden Präsidenten einen Rückzug Amerikas aus der Region.

    Doch weit gefehlt. Seit Trump China zu seinem Lieblingsfeind erkoren hat, ist Amerika in Asien präsenter denn je.  Er ließ inzwischen eine Indo-Pacific-Strategy entwickeln. Sie umfasst den Pazifischen wie den Indischen Ozean und reicht von Indien über Südostasien bis hoch nach Japan und Korea. China fühlt sich umzingelt. Und das ist ja auch die Absicht der Amerikaner.

    Sie zeigen wieder Flagge, vor allem im Südchinesischen Meer.  Doch die Chinesen reklamieren sehr großzügig nahezu das gesamte Meer für sich. Historisch hätte ihnen das immer gehört. Die anderen Anrainerstaaten sind da anderer Meinung. Die Philippinen, Brunei, Malaysia, Vietnam und Taiwan erheben ebenfalls Ansprüche. Doch Beijing bleibt hart.

    Warum ist das Südchinesische so bedeutend und deshalb so umstritten? Dort wird – in großen Tiefen allerdings – viel Öl und Gas vermutet. Außerdem sind die Gewässer sehr fischreich. Zudem ist das Meer handelsstrategisch von enormer Bedeutung für die gesamte Weltwirtschaft. Waren im Wert von über drei Billionen Dollar werden jedes Jahr mit riesigen Containerschiffen von China, Japan und Korea über das Südchinesische Meer nach Europa und anderswo transportiert. Und das Südchinesische Meer hat nicht zuletzt auch eine militärstrategische Bedeutung. China will die USA aus dem Meer, ja eigentlich aus dem gesamten Westpazifik fernhalten. Chinesische Marineboote würden ja auch nicht vor Kaliforniens Küste kreuzen.

     In den vergangenen Jahren hat China in dem umstrittenen Meer allerdings Fakten geschaffen. Auf den beiden wichtigsten Inselgruppen – Spratly und Paracel – haben die Chinesen durch Landaufschüttung Platz für Landebahnen, Häfen und die nötige Infrastruktur gewonnen. Alles legitim, sagt China. Verstößt gegen maritimes Recht, urteilte dagegen der Internationale Schiedshof in Den Haag vor just vier Jahren. Das Urteil ist freilich nicht bindend.  

    In den vergangenen Wochen eskalierte die Auseinandersetzung. Erst machten Anfang Juli die Chinesen ein Manöver nahe den Spratly-Inseln. Dann folgten die Amerikaner zusammen mit den Japanern und Australiern. Dazu waren erstmals wieder zwei US-Flugzeugträger – die USS Niemitz und die USS Ronald Reagan – gleichzeitig in der Region. US-Aufklärungsflugzeuge vom Typ E-8 flogen nahe der südchinesischen Küste.

    Fast zeitgleich verbreiteten Mitte Juli gleich drei hochrangige US-Politiker – siehe unter Info – Statements und Reden zur Lage im Südchinesischen Meer. Man kann sie durchaus als bellizistisch bezeichnen – ebenso wie die prompten Antworten, die aus Beijing kamen.

   Wer könnte die beiden Streithähne zur Vernunft bringen? Die zehn Asean-Staaten? Wohl kaum.

Sie sind in einer ungemütlichen Sandwich-Situation. Wirtschaftlich sind sie von China abhängig (Asean ist im ersten Quartal zum ersten Mal Chinas größter Handelspartner geworden – vor den USA und vor der EU), politisch-militärisch schlupfen hingegen viele, nicht alle Asean-Staaten gerne unter den Schutzschirm der Amerikaner.

   Vielleicht die Europäer? Sie wären – theoretisch – ein guter Vermittler, denn sie haben dort keine strategischen Interessen. Aber um eine solche Rolle auszufüllen, müssten sie endlich eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik zustande bringen.

    Da sie das nicht schaffen, müssen sie wohl zusehen, wie gefährlich sich die Situation im Südchinesischen Meer zuspitzt. Nicht auszumalen, was passiert, wenn dort absichtlich oder versehentlich ein Marineboot ein anderes, ein feindliches rammt. Der casus belli wäre da.   

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