China Hands wurden im 19. Jahrhundert die wenigen Ausländer genannt, die sich in China auskannten, dessen Sprache und Kultur verstanden- oder zumindest so taten. Später wurden daraus Old China Hands, Leute mit 20 oder von mehr Jahren Erfahrung im Reich der Mitte. Es gibt aber auch zunehmend junge Leute, die sich intensiv mit China beschäftigen, die aber oft nicht zu Wort kommen. Deshalb werde ich neben Old China Hands auch Young China Hands vorstellen – auch wenn letzteres per definitionem ein Widerspruch ist.
Sie ging noch zur Schule, ins Gymnasium nach Stockach in der Nähe des Bodensees. Da sah Isabell Weber im Fernsehen eine Doku über die längste Brücke der Welt von Hongkong nach Macau/Zhuhai. Sie war fasziniert. „Danach war für mich klar: Wenn das Bachelorstudium abgeschlossen ist, muss ich nach China.“ Sie machte ein Praktikum und lernte Chinesisch an der Beijing Foreign Studies University. Und sie blieb danach in China, in Shanghai. Bei Voith Digital in Kunshan, in der Nähe von Shanghai. „Ich wollte das für meine Karriere machen.“ Im neuen Job gab man ihr viel Verantwortung, mehr als sie in Deutschland bekommen hätte. Weber sagt: „Ich habe komplettes Projektmanagement in China gemacht.“
In Shanghai lernte Isabell Weber bald Patricia Schandlbauer kennen. Die Österreicherin hatte ihren Master an der Copenhagen Business School gemacht und folgte ihrem Partner im Sommer 2018 nach Shanghai. Sie bekam dort relativ schnell einen Job als Projektmanagerin bei EDAG, einem Ingenieur-Dienstleister für die Autoindustrie. Nach zwei Jahren sagt sie: „Das ist für mich eine Wahnsinns-Bereicherung, eine gewaltige Horizont-Erweiterung.“ Sie habe jetzt schon sehr viel gelernt: Improvisation, Toleranz „und das Zulassen von Chaos“. Sie sei anfangs schockiert gewesen, was hier in welcher Geschwindigkeit passiert. Längst habe sie sich aber dem Rhythmus angepasst.
Beide führten nicht das typische Expat-Leben, das so aussieht: Männer, die morgens die schönen Wohnungen oder gar Villen in ihren Guided Communities samt Ehefrauen verlassen und abends vom Fahrer in ihrer klimatisierten Limousine dorthin zurückgebracht werden. Nein, die beiden Frauen fuhren mit der Metro, mit dem Fahrrad und mischten sich unters heimische Volk,
Doch nun kommen beide wieder zurück nach Europa – aus privaten Gründen. Patricia Schandlbauer verbringt ihre letzten Monate in Shanghai, Isabell Weber ist schon in Berlin. Und nun erleben sie etwas, was sie sich nicht vorstellen konnten: Die Jobsuche ist schwierig. Nicht nur wegen Corona. Isabell Weber seufzt: „Nun kommen wir mit dieser Erfahrung zurück – und niemand kann damit was anfangen.“ Schandlbauer pflichtet bei: „Der Mehrwert, den wir aus China miteinbringen, wird nicht verstanden. In den HR-Abteilungen können sie uns einfach nicht richtig einschätzen.“
Kein neues Klagelied: Unternehmen tun sich schon seit langem schwer, Bewerber aus dem Ausland adäquat zu beurteilen. Zwar predigen Personalmanager gerne, wie wichtig für die Karriere Stationen im Ausland seien. Und gerade China mit seinen großen Herausforderungen sei ein Asset. Doch dann kommen zwei toughe Frauen, die genau das haben, und sie stoßen auf Unverständnis.