Gottseidank gibt es noch den Deutschlandfunk, der Gesprächsformate hat, die sich intensiv mit einem Gast und einem Thema auseinandersetzen. Die Sendereihe „Zwischentöne“ ist ein solches Format. Fast 90 Minuten brutto unterhält sich ein Moderator mit einem Gast, der zwischendurch seine Lieblingsmusik vorstellen darf (Ich durfte auch einmal Gast dieser Sendung sein). . Gast am 25. Mai war Daniel Leese, Professor für Sinologie an der Uni Freiburg und Autor zweier interessanter Bücher („Maos langer Schatten“ und zusammen mit Shi Ming „Chinesisches Denken der Gegenwart“). Im Freiburger SWR-Studio stellte er sich den Fragen von Florian Felix Weyh, der nicht vorurteilsbeladen, sondern Leese auf charmante Weise neugierig ausfragte. Sie streiften viele Themen. Zum Beispiel auch Persönliches: Wie kam der aus Osthessen stammende Leese zur Sinologie? Welchen Eindruck sein erster China-Besuch 1999 auf ihn gemacht? Wie erlernte er die chinesische Sprache und wie fand er Dokumente für seine Promotion auf dem Flohmarkt in Shijiazhuang? Weil Leeses Schwerpunkt die chinesische Zeitgeschichte ist, wurde viel über aktuelle Themen gesprochen: Wie wird Mao gesehen? Ist Xi Jinping ein Diktator? Warum ist China keine Soft Power? Aber auch über die Konfuzius-Institute und das nachlassende Interesse des Sinologie-Studiums wurde gesprochen. Am Ende konnte sich Florian Felix Weyh nicht verkneifen, ein paar klischeehafte Fragen zu stellen: Essen die Chinesen Schwalbennester, 1000jährige Eier und Rinderpenise? Ja, die ersten beiden Delikatessen gibt es, sagt Leese, aber Rinderpenise habe er noch nie gegessen. Trotz dieses Ausflugs ins Seichte insgesamt ein gelungenes Beispiel für seriösen Journalismus. Präidikat: Hörenswert.
Info:
Hier kann man das Gespräch mit Daniel Leese nachhören: https://www.deutschlandfunk.de/sinologe-daniel-leese-die-chinesische-sprache-ist-ein-gewaltiges-wunderwerk-102.html