Es war in Guangzhou. Ich war dort mit dem leider viel zu früh verstorbenen Fotografen Michael Wolf auf Reportage unterwegs. Abends führte er mich in ein mehrstöckiges Restaurant, wo sich im Erdgeschoss mehrere Aquarien befanden und die Gäste sich ihre noch lebenden Fische aussuchen konnten, die sie wenig später verspeisen wollten. Neben den Aquarien stand auch ein Terrarium. Darin schlichen Schlangen herum. Gemeinsam suchten wir eine nicht allzu große aus. Ein Restaurantmitarbeiter packte sie in einen Plastikbeutel und verschwand damit in der Küche, um ein paar Minuten später mit einem Teller gebratenem Schlangenfleisch zurückzukommen. Ich war erst neugierig und dann enttäuscht: Die Schlange hatte keinen Eigengeschmack, sondern schmeckte wie Hühnchen. Einige Monate später durfte/musste ich an einem Schlangenbuffet teilnehmen. Ebenfalls in der Guangdong-Provinz. Das fing gleich gut an: Schlangenblut – verdünnt mit Schnaps – wurde in kleinen Gläsern serviert. Es sah aus wie Campari Orange, schmeckte aber nicht so. Danach gab es verschiedene Schlangengerichte, mal mit Pilzen, mal mit Hähnchen, mal in einer Suppe. Beliebt sind Schlangen vor allem in den beiden Südprovinzen Fujian und Guangdong. Vor allem die Gegend um das Wuyishan-Gebirge im nördlichen Fujian ist berühmt für seine Schlangen-Gerichte. Es gibt übrigens auch Schlangenwein, den man meist im Herbst trinkt, weil man in dieser Jahreszeit den Körper kräftigen muss. Dazu legt man eine Schlange in einen Krug mit Branntwein, in dem man sie oft jahrelang liegen läßt. Je länger, desto besser. Ganbei!
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