WIRTSCHAFT I VW-Chefs fahren weiter auf China ab

Die ersten 100 Tage als neuer China-Chef von Volkswagen hat Ralf Brandstätter (54) soeben hinter sich. Da kann man schon mal eine erste Bilanz ziehen. Brandstätter, der auch im Konzernvorstand sitzt, hat das bei Linkedin getan. Für ihn ist der chinesische Automarkt der aufregendste der Welt. Die Transformation hin zur Elektromobilität sei extrem dynamisch. Er bemüht zur Bestätigung dieser These die Statistik: In diesem Jahr war jedes vierte Auto elektrisch, im nächsten Jahr werde es jede dritte sein. Noch aufregender als diese rasante Entwicklung zur E-Mobilität sei die voranschreitende Digitalisierung im smarten E-Auto. Brandstätter: „Mit den sogenannten Intelligent Connected Vehicles kommt eine neue Entwicklungsstufe des Autos auf die Straßen in China.“ Bis 2040 würden – so werde geschätzt – selbstfahrende Autos 40 Prozent der gefahrenen Kilometer absolvieren. Weil China in den Bereichen E-Mobilität und Digitalisierung mit an der Spitze steht, ist China für Brandtstätter so etwas wie ein Vorbild. Er schreibt, ür die internationale Autoindustrie sei China „a bit like high interval fitness class“ sei (ich benutze den englischen O-Ton, da mir keine gute Übersetzung eingefallen ist). Interessant ist seine Aussage, dass sich die internationalen Hersteller der außergewöhnlichen Geschwindigkeit und den Innovationsprozessen Chinas anpassen müssten. Er spricht von einer „China speed“. Chinesische Autobauer würden in zweieinhalb Jahren ein Auto entwickeln. Der internationale Durchschnitt sei vier Jahre. VW läge sogar darüber. Brandtstätters Petitum: „Wir wollen mehr China speed.“ Deshalb werde VW noch mehr in China für China entwickeln. Diese Aussagen Brandstätters decken sich zum großen Teil mit dem Grußwort, das der relativ neue VW-Konzernchef Oliver Blume (54) anlässlich der China Woche an der TU Clausthal am 8. November abgegeben hat. Für Blume ist China der Treiber der Transformation in der Autoindustrie. Blume: „Der VW-Konzern will von der Geschwindigkeit und dem Know-how in China profitieren.“ Deshalb würde VW weiterhin in China investieren. Blume, der übrigens 2001 an der Tongji Universität in Shanghai promovierte, ging auch auf die immer wieder vorgebrachte Abhängigkeit des Konzerns von China ein. Ja, sagte er, er könne die Gedanken verstehen, „da wir jährlich 40 Prozent unserer Autos in China absetzen.“ Aber er fügte dann gleich hinzu: „Mit dem Gewinn sichern wir auch Arbeitsplätze und Wohlstand in Europa und Deutschland.“ Es werde deshalb keine Abkehr von China geben. Aber immerhin kann er sich mit dem Gedanken der Diversifizierung anfreunden. So will er das Geschäft in den USA stärken, wo VW traditionell schwach ist. Bis 2030 soll dort der Marktanteil von derzeit mageren vier Prozent auf zehn Prozent erhöht werden.

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