WISSENSCHAFT I China führt bei Publikationen und Patenten

Chinas Wissenschaftler haben 2024 zum ersten Mal mehr wissenschaftliche Beiträge in renommierten Zeitschriften veröffentlich als die Kollegen der USA. Exakt waren es 37 273 Artikel aus China versus 31 390 Artikel aus den USA. Das ergab der sogenannte „Nature Index“. Dieser wertet die Veröffentlichungen in den 145 wichtigsten wissenschaftlichen Journals aus, darunter die renommierten Magazine Nature, Science, Cell und Physical Review Letters. Über diese Wachablösung hat Caroline S. Wagner, die an The Ohio State University über internationale Wissenschaftspolitik forscht, soeben einen Artikel veröffentlicht: „China‘s Historic Rise to the Top of the Scientific Ladder“ (erschienen in den Legislative & Policy News des Quincy Institute for Responsible Statecraft). Für sie wird durch die Zahlen des „Nature Index“ ein seit Jahren bestehender Trend bestätigt:  “China isn´t just producing more research , it‘s producing quality research.“ Früher hieß es ja in westlichen Wissenschaftskreisen immer, die Chinesen könnten nur Quantität, aber keine Qualität. Aber Wagner stellt fest: „These days are over.“ China dominiere vor allem bei „chemistry, physical sciences und earth and environmental sciences”, schreibt Wagner. Die USA hingegen führten (noch) in “biological and health sciences“.

Welche Folgen hat dieser Wechsel an der Spitze in der internationalen Forschung? Wagner sieht zum einen eine zunehmende Attraktivität chinesischer Forschungseinrichtungen für internationale Forscher: „The best researchers follow the best science. China’s Rise in elite journal publications signal growing attractiveness to international talents.” Chinesische Universitäten, die inzwischen „world-class facilities“ hätten, würden aggressiv um diese Talente werben.  Zweite Folge: „China’s dominance in chemistry, physical and material science positions it to lead in quantum computing, advanced batteries, and next generation semiconductors”, schreibt Wagner, “today’s Nature papers become tomorrow´s patents and products”.

Zu dieser Aussage passt die in diesen Tagen veröffentlichte Statistik der World Intellectual Property Organization (WIPO). Aus dem „World Intellectual Property Indicators 2025“ geht hervor, dass in China mit weitem Abstand die meisten Patente angemeldet wurden. Die National Intellectual Property Administration of the People‘s Republic of China (CNIPA) vermeldete für 2024 rund 2,8 Millionen Patentanmeldungen. Danach folgen die USA (603 194), Japan (306 855), Korea (246 245) und erst dann dass Europäische Patentamt (199 402). Das WIPO kommentiert diese Zahlen so: „In 2024, Asia further consolidated its position as the hub of global innovation.“ Und in Asien dominiert eindeutig China, das bei den Patentanmeldungen kontinuierlich auf dem Weg nach oben ist. Bereits 2005 hatte China die EU und Korea überholt, 2010 dann Japan und schließlich 2011 die USA. Heute finden fast die Hälfte aller weltweiten Patentanmeldungen in China statt.

Um diese steigenden Zahlen bei Publikationen (und Patenten) zu erklären, führte Christian Weber in der Süddeutsche Zeitung (12. November) ein interessantes Interview mit Anna Lisa Ahlers, die am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin arbeitet. Ahlers blickt zunächst mal zurück: „China hat eine starke Tradition der Bildung und der Wertschätzung experimenteller Wissenschaft.“  Später sei dann die Führungsspitze der KP zu der Erkenntnis gelangt, dass man gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung nur schaffe, wenn man der Wissenschaft eine gewisse Autonomie gebe. Seit 2006 und spätestens unter Xi Jinping sei auch finanziell und strukturell massiv in die Forschung an der Weltspitze investiert. Die Staats- und Parteiführung entscheide aber nicht alles im Detail. Sie bestimme aber die Schwerpunkte der Forschung. Wichtig sei auch, die große Begeisterung der Bevölkerung für technologische Lösungen und die große Experimentierfreudigkeit. Zum Schluss stellte Weber die Frage, ob Deutschland etwas von China lernen könne. Ahlers antwortet: „Die Schnelligkeit der Entscheidungen und ihre Umsetzung sind beeindruckend.“ Ahlers plädiert für Zusammenarbeit mit China: „Wir können beim wissenschaftlichen Umgang mit vielen großen Problemen auf die Kooperation mit China nicht verzichten. Es ist ein unverzichtbarer Standort, um etwa gute Astrophysik oder Krebsmedizin zu machen.“

Info: 

Hier der Artikel von CarolineS. Wagner “China’s Historic Rise to the Top of the Scientific Ladder”: https://quincyinst.org/research/chinas-historic-rise-to-the-top-of-the-scientific-ladder/

Hier die aktuelle Patent-Statistik der WIPO:  https://www.wipo.int/web-publications/world-intellectual-property-indicators-2025-highlights/en/patents-highlights.html

Und hier das Interview mit Anna Lisa Ahlers in der Süddeutschen Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/wissen/china-spitzenreiter-wissenschaft-technologie-li.3322896

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