Chinas junge Bevölkerung mag es süßer. Sie stehen nicht auf den klassischen baijiu, den hochprozentigen Schnäpsen aus diversen Getreidesorten. Auch das normale Bier ist ihnen oft zu bitter. Außerdem leben und trinken sie gesundheitsbewusster als die ältere Generation. Diese Vorlieben und neuen Trinkgewohnheiten der Generation Z und der Millenials zwingt viele Getränkehersteller zum Umdenken. Allen voran die Baijiu-Produzenten. Diese leiden eh schon daran, dass im Zuge der schon seit Jahren andauernden Anti-Korruptionskampagne viele Banketts gestrichen wurden. Dort wurde oft bis zum sprichwörtlichen Umfallen teurer Baijiu weggekippt. Kleinere Schnapsproduzenten wie Jiangsu Yanghe oder Jiugui Liquor vermelden laut Bloomberg Umsatzeinbußen von 35 bzw 43 Prozent im ersten Halbjahr 2025. Beim großen Hersteller Wuliangye gehen die Wachstumszahlen kontinuierlich zurück, von 12,6 Prozent (2014) über 7,1 Prozent (2024) nun auf 4,2 Prozent (erstes Halbjahr 2025). Auch Marktführer Kweichow Moutai vermeldet die geringsten Wachstumsraten seit 2016.
Was gegen diesen Trend tun? Neue Getränke kreieren – süßer und mit weniger Alkohol. Wuliangye hat seit August eine neuen Schnapsmarke auf dem Markt: 29 Crush On. Die Flasche kommt schon optisch anders daher als die verzierten traditionellen Baijiu-Flaschen. Sie ist in himmelblauem Ton gehalten und von schlichtem minimalistischem Design. Außerdem – und das ist das Wichtigste – hat sie nur einen Alkoholgehalt von 29 Prozent. Und sie ist billiger als der normale Baijiu: Nur 399 Yuan statt 1000 Yuan. Auch andere Baijiu-Hersteller bringen neue Produkte mit weniger Alkohol heraus. Jennifer Song, Analystin bei Morning Star, kommentiert gegenüber Bloomberg: „We believe expanding low-alcohol baijiu offerings is a long-term-trend, driven by demographic change and rising health awareness.”
Das führt dazu, dass gerade die jüngere Generation zu Alkoholgetränken mit einem Alkoholgehalt von weit unter zehn Prozent greift. Das führt auch zu Veränderungen bei den Tee- und Kaffeeketten, die zunehmend ihr Geschäft um leichte alkoholische Getränke erweitern. Die Devise lautet „Am Tag Tee, am Abend Wein“. Mehrere Teeketten experimentieren deshalb mit – kein Witz – Tee-Bier-Getränken. So zum Beispiel Chabaido, Chayanyuese oder Lelecha, das mit der Brauerei Tsingtao kooperiert.
Einen anderen Weg ging die Tee- und Eiskette Mixue, die inzwischen 53 000 Filialen hat. Mixue-Gründer Zhang Hongfu übernahm soeben die Mehrheit der Bierkette Fulu Jia. Diese wurde erst 2021 gegründet, hat aber auch schon über 1200 Filialen. Fulu Jia hat wie Mixue extrem günstige Preise, bietet das Glas Bier für 5,9 Yuan an. Zudem hat Fulu Jia – dem Trend entsprechend – süße Biere an. Übrigens ist die Gründerin von Fulu Jia, Tian Haixia, die Ehefrau von Mixue-Gründer Zhang Hongfu. Das Ehepaar herrscht nun über die größte Fast-Food-Kette der Welt – und fast keiner kennt sie.
Info:
Bloomberg-Artikel über die Veränderungen am Baijiu-Markt: https://jingdaily.com/posts/china-baijiu-makers-try-to-woo-sober-gen-z-with-milder-liquor
Andrew Methven über die Übernahmen von Fulu Jia durch Mixue: https://www.realtimemandarin.com/p/248-chinas-biggest-tea-brand-enters