Der Flughafen in Urumqi wurde zum ganz großen Bahnhof. Als die Regierungsmaschine von Xi Jinping am 23. September in der Hauptstadt der autonomen Region Xinjiang landete, standen Tausende bunt gekleideter Menschen auf dem Rollfeld, um den Parteichef mit Gesängen und Tänzen zu begrüßen. Xi stand oben an der Gangway und winkte in die gigantische Menge. Auf dem Weg in die Innenstadt von Urumqi säumten viele Menschen die Straßen.
Während viele andere Staats- und Regierungschefs nach New York zur Vollversammlung der Vereinten Nationen fuhren, flog Xi rund 5000 Kilometer im eigenen Land nach Westen – in die Region Xinjiang. Das zeigt die Prioritäten. Das zeigt, wie wichtig diese Region im Westen des Landes ist. Entsprechend auch groß die Entourage von Xi Jinping. Begleitet wurde er von Vizepremier He Lifeng und den beiden Mitgliedern des Ständigen Ausschusses des Politbüros Cai Qi und Wang Huning.
Grund der Reise: Vor 70 Jahren, am 1. Oktober 1955, wurde die Autonome Region Xinjiang gegründet. Sie ist damit eine von fünf autonomen Regionen Chinas neben der Inneren Mongolei, Guangxi, Ningxia und Tibet. Diesen Regionen ist gemeinsam, dass in ihnen nationale Minderheiten in zusammenhängenden Gemeinschaften leben. In der Inneren Mongolei die Mongolen, in Guangxi die Zhuang, in Ningxia die Hui, in Tibet die Tibeter und in Xinjiang eben die Uiguren. Allerdings ist wichtig darauf hinzuweisen, dass Autonomie nicht mit Unabhängigkeit verwechselt werden darf.
Während lange Jahre die Region Tibet auch wegen des Dalai Lama die internationale Diskussion beherrschte, rückte in den vergangenen 25 Jahren die Region Xinjiang in den Vordergrund. Der Westen warf China vor, die Uiguren zu unterdrücken und teilweise zu inhaftieren und kasernieren. China bestreitet das und weist darauf hin, dass es sich in Xinjiang gegen terroristische Umtriebe wehren müsse. Es ist schwer als Außenstehender ein einigermaßen realistisches Bild von der Lage in Xinjiang zu bekommen, deshalb halte ich mich, solange ich diese nicht mit eigenen Augen sehen kann, mit einem Urteil zurück. In
den vergangenen Monaten ist es ein bisschen ruhiger geworden um Xinjiang, so dass die Geburtstagsfeier im Westen relativ wenig Aufmerksamkeit erzielte.
Die Rede zur Geburtstagsfeier hielt übrigens nicht Xi Jinping, sondern Politbüro-Mitglied Wang Huning. Die Gründung der Autonomen Region Xinjiang vor 70 Jahren – sagte er – „marked the beginning of a historic journey of unity, struggle, and common prosperity for all ethnic groups in Xinjiang”. Dann folgte von ihm ein Zahlenfeuerwerk. Die jährliche Wachstumsrate in Xinjiang habe acht Prozent betragen, die Zahl der Autobahnkilometer habe sich von 8820 auf 231 900 erhöht, die Lebenserwartung sei von 43 auf 77 Jahre gestiegen. Interessant sind die von Wang genannten Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung: Insgesamt nahm die Zahl von 4,78 Millionen (1953) auf 25,85 Millionen (2020) zu. Die Zahl der Angehörigen von ethnischen Minderheiten – was meist die Uiguren sind – stieg dagegen nur von 4,45 auf 14,93 Millionen. Das bedeutet, dass viele Han-Chinesen nach Xinjiang gezogen sind, aber (noch) nicht die Bevölkerung dominieren. am
Am Sonntag vor Xis Reise veröffentlichte das State Council Information Office (SCIO) ein sogenanntes White Paper (Weißbuch). Darin wird nochmals deutlich erklärt: “Xinjiang has always remained an indispensable and vital part of the unified, multiethnic Chinese nation.”
Xinjiang-Kenner Björn Alpermann (Uni Würzburg) kommentierte nach dem ersten Studium von Weißbuch und Wang-Rede: „Nothing new on the Western front, except for more of the same.“
Info:
Hie ein Video von der Ankunft Xi Jinpings auf dem Flughafen von Urumqi: https://www.youtube.com/watch?v=oc33_x9KN6U
Hier das Weißbuch: https://global.chinadaily.com.cn/a/202509/22/WS68d0c507a3108622abca21cc.html