Wenn eine Stadt in China in den vergangenen Jahren technologisch und wirtschaftlich gravierend aufgeholt hat, dann ist es Hefei, die Hauptstadt der Provinz Anhui. Lange Zeit galt das in Chinas Mitte liegende Anhui als arme Provinz. Doch inzwischen ist Hefei – rund 500 Kilometer westlich von Shanghai im Landesinneren gelegen – eine Stadt der Zukunftstechnologien. In chinesischen Medien wird schon seit längerem vom „Hefei-Modell“ gesprochen. Was zeichnet das Modell aus? Da ist zunächst die USTC zu nennen – die University of Science and Technology. Sie wurde 1958 in Beijing gegründet, aber während der Kulturrevolution in die etwas ruhigere Provinz nach Hefei verlagert, wo sie bis heute geblieben ist und inzwischen zu den Elite-Unis des Landes zählt. Die USTC „produziert“ permanent Nachschub für die vielen Tech-Unternehmen der Stadt, aber auch für deren Bürokratie. Deshalb hat Hefei eine äußerst technologieaffine Stadtverwaltung. Diese hat zwölf Technologien ausgewählt, die sie unterstützt. Jeder wird ein sogenannter chain boss zugeordnet, der die zentrale Anlaufstelle für die Unternehmen der jeweiligen Technologie ist und alles unternimmt, um diese zu unterstützen. Zu diesen geförderten Technologien zählen die Bereiche autonomes Fahren und Elektromobilität. So hat sich Hefei inzwischen auch zu einem Auto-Standort entwickelt.
Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Volkswagen just in Hefei in den vergangenen drei Jahren ein gigantisches Forschungs- und Entwicklungszentrum aufgebaut hat. Zwischen drei und vier Milliarden Dollar hat der Konzern aus Wolfsburg in diesem Zeitraum investiert. Das Ergebnis konnte am 25. November besichtigt werden. An dem Tag stellte die VW Group China Technology Company (VCTC) das neue F+E-Zentrum den Medien vor. Auf rund 100 000 Quadratmetern stehen mehr als 100 Labore. VW-Chef Oliver Blume sagte: „In unserem Entwicklungszentrum in Hefei haben wir nun alle Voraussetzungen geschaffen, um technologisch die nächste Generation intelligent-vernetzter Fahrzeuge zu entwickeln, zu testen und lokal zu fertigen.“
Zum ersten Mal werden damit an einem Standort jenseits von Wolfsburg – dem Stammsitz des Volkswagen-Konzerns – Autos komplett entwickelt und dann auch produziert. Noch dieses Jahr soll das erste, in Hefei entwickelte Auto dort auch in Produktion gehen. In den folgenden Jahren sollen rasch weitere Modelle folgen. So sollen bis 2023 rund 30 weitere E-Modelle von den Bändern in Hefei rollen. Volkswagen setzt damit so konsequent wie kein anderer ausländischer Autohersteller die Strategie des „In China, für China“ um. Das heißt: Die Autos für den chinesischen Markt werden komplett in China entwickelt und gebaut. Oliver Blume schwärmt: „Dieser Meilenstein macht uns noch schneller und effizienter.“
Doch die Autos Made in Hefei sollen nicht nur in China verkauft werden, sondern auch in anderen Märkte, wo Chinas Autos schon einen guten Ruf haben. In einer Pressemitteilung teilt Volkswagen mit: „Dank einer lokal optimalen Produktion und wettbewerbsfähiger Lieferketten können aus China gefertigte Modelle kosteneffizient in wachstumsstarke Märkte exportiert werden.“ Vor allem die Märkte in Südostasien, dem Nahen Osten und „perspektivisch auch in Südamerika“ sollen von Hefei aus bedient werden. VW antizipiert damit die sich abzeichnende geoökonomische Trennung der Welt: „Es gibt eine Aufteilung zwischen der östlichen und der westlichen Hemisphäre und wir als Volkswagen haben das akzeptiert“, sagt Thomas Ulbrich, Technikvorstand von VW in China, laut FAZ.
Info:
Hier die Pressemitteilung zur Eröffnung des F+E-Zentrums in Hefei: