KULTUR I Der Kampf um die Schließung eines Buchladens

Chengdu, tief im Westen Chinas gelegen, hat sich in den vergangenen Jahren zu einer interessanten Metropole entwickelt. Die Stadt mit ihrer ausgeprägten Teehaus-Kultur war schon immer ein Ort des Easy-Going, der Kultur, auch der Subkultur. Die Hauptstadt Beijing ist weit weg. Vieles kann hier probiert werden, was anderorts vielleicht nicht möglich ist. So ist es kein Wunder, dass in Chengdu in den vergangenen Jahren viele unabhängige Buchläden entstanden sind. Sie sind oft sehr klein, die Gründer sind sehr jung. Sie öffnen häufig erst nachmittags und haben dafür bis in die Nacht geöffnet. Es gibt Kaffee und auch Bier. Es sind öffentliche Räume, wo diskutiert wird.

Der You Xing Bookstore ((有杏书店) ist ein solcher unabhängiger Buchladen. Er wurde im August 2023 von Zhang Feng gegründet. Zhang ist Journalist, schrieb lange für Tageszeitungen in Chengdu, später verfasste er auch Kolumnen in landesweiten Medien. Als er den Buchladen startete, ließ er sich von drei Prinzipien leiten: „Alle unsere Bücher müssen gesetzlich zugelassen sein. Alle unsere Events müssen bei den Behörden angemeldet werden und alle Events sind öffentlich.“ In den engen Räumlichkeiten traten   Schriftsteller, Journalisten und Wissenschaftler auf.  Zum Beispiel die berühmte Jura-Professorin Lao Dongyan von der Tsinghua Universität oder der Historiker Wang Di, der an der Texas A&M University lehrte und Bücher über Chengdu geschrieben hat. Oder gar der britische Historiker Adam Tooze, der derzeit an der Columbia University in New York unterrichtet. Der You Xing Bookstore war ein intellektueller Treffpunkt der Stadt – und stand damit unter besonderer Beobachtung der Behörden.

So war eigentlich wenig verwunderlich, dass Ende Oktober Zhang Feng per WeChat verkündete, dass sein Buchladen schließen werde. Sein Post wurde relativ schnell gelöscht, aber China Digital Times hat diesen und weitere archiviert und veröffentlicht. „I had imaged many years that the bookstore might end. The most likely scenario was force majeure – and now, this has come to pass. You Xing Bookstore will close on November 28th.  I always knew this day would come, I just wasn’t sure when it would happen.” Dieser Ankündigung folgten viele Kommentare in den sozialen Medien. Einer fragte: „Why? The bookstore has always had such good events:“ Zhang antwortete: “That’s exactly the reason.” Viele Schreiber äußerten ihre Sorgen und bekundeten ihre Solidarität.

Und plötzlich nach einer Woche des stillen Protests meldete sich Zhang Feng auf WeChat wieder und verkündete, dass sein Buchladen offen bleibe. Was genau passiert ist, weiß man nicht. Zhang schrieb aber: „Over the past few days, so many people have expressed care and concern for our bookstore. In the end, this outpouring of love had the marvelous effect of allowing us to stay in business.”  Er kündigte einen “fresh start” an: “You Xing Bookstore will continue from this Saturday” (gemeint ist der 8. November). Und eine neue Diskussion hat er auch gleich angekündigt: Wirtschaftsprofessor Li Jingkui wird über „A New Understanding of Keynes and His Contemporary Significance“ reden und diskutieren.

Zhang Feng schloss seinen WeChat-Beitrag mit den kämpferischen Worten: „My friends, I will not leave, nor will I give up easily.“

Info:

Hier der Beitrag in China Digital Times, wo die Posts von Zhang Feng und seinen Anhängern veröffentlicht sind: https://chinadigitaltimes.net/2025/11/translations-as-tributes-pour-in-chengdus-you-xing-bookstore-gets-a-reprieve-from-feared-closure/

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