Man kennt diese Fotos: Chinesische Arbeiter und Arbeiterinnen, die nach dem Mittagessen an ihrem Arbeitsplatz – ob im Büro oder in der Fabrik – dösen. Das ist Teil der chinesischen Kultur. Doch nirgendwo ist diese Gewohnheit so ausgeprägt wie in der Provinz Shanxi. Dort macht ein Großteil der 32-Millionen-Bevölkerung einen kollektiven Mittagsschlaf. Darüber berichtet das Lifestyle-Magazin NewsWeekly auf seinem WeChat-Blog (10. Mai). Dort wird auch erwähnt, dass jede Menge Witze über die Siesta á la Shanxi kursieren. Zum Beispiel: „When’s the best time to take over Shanxi? Everyday from 12 to 14.30. That’s when everyone in Shanxi takes a nap.” Oder: “If you really hate someone? The ultimate punishment in Shanxi is calling them at 1.30 in the afternoon”.
Unbedarfte Besucher wundern sich in der Tat, wie ausgestorben Städte und Dörfer in Shanxi am frühen Nachmittag sind. Restaurants schließen um 14 Uhr. Die Bedienungen verschwinden fast blitzartig, nachdem sie serviert haben. In Büros werden faltbare Matratzen unter den Schreibtischen ausgebreitet. Schüler werden nach Hause geschickt und müssen sich von den Eltern bestätigen lassen, dass sie ihren Mittagsschlaf gehalten haben. Selbst Tiere haben sich dem Rhythmus der Menschen angepasst und legen sich nieder.
Warum wird in Shanxi das Ritual des Mittagsschlafs so ausgiebig praktiziert? Dafür gibt es verschiedene Erklärungen. Eine hat mit der Ernährung zu tun. Shanxi ist keine Gegend, wo der leicht verdauliche Reis serviert wird. Hier dominieren Nudel- und Kartoffelgerichte, die müder machen als Reis („carb coma therapy“). Daneben spielt auch das Klima eine Rolle. Es gibt in Shanxi starke Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht. Im Sommer ist es mittags sehr heiß. Und drittens zählt
Shanxi zu den Provinzen, die im Gegensatz zu den hektischen Metropolen des Ostens eine gemütlichere Gangart pflegen.
Die anderen Easy-Going-Provinzen sind Guangdong, Sichuan und Liaoning. Das schreibt jedenfalls ein unbekannter Autor in einem Beitrag für inf.news. In Guangdong gibt man sich locker – was sich oft in der Kleidung niederschlägt. „Selbst Millionäre tragen dort Slippers und Shorts“, schreibt inf.news. Ähnlich wie die Bewohner Shanxis neigen auch die Einwohner Sichuans zu einem Schläfchen, egal wo. Ausgeprägt ist dort auch die Neigung zum Spielen. Selbst an den unmöglichsten Plätzen trifft man sich zum Mahjong-Spiel. In Liaoning – wie auch in den beiden anderen nordöstlichen Provinzen Jilin und Heilongjiang – trotzt man mit Humor den Unbillen des Lebens. Im Winter übersteht man so die eisigen Temperaturen. Im Sommer nutzt man Taifun-bedingte Überschwemmungen zum Surfen, Skaten und einer Kajakfahrt.Inf.news charakterisiert die Bewohner Liaonings so: „Every sentence is full of humour, as if they are all born comedians.”
Info:
Hier der Blog aus NewsWeekly in englischer Übersetzung bei Ginger River:
https://www.gingerriver.com/p/the-pause-that-powers-a-province
Hier der Artikel in inf.news:
https://inf.news/en/culture/87280e55f414ee433084151c81165276.html