Ende April, Anfang Mai fand ein kurzes Gefecht zwischen den beiden Nachbarstaaten Indien und Pakistan statt. Auslöser war der Überfall pakistanischer Terroristen im indischen Kaschmir, bei dem 25 indische Touristen ums Leben kamen. Indien reagierte im Rahmen der „Operation Sindoor“ mit Angriffen auf pakistanische Ziele. Zum Einsatz kamen auf beiden Seiten auch Kampfflugzeuge. Die pakistanische Luftwaffe setzte das in China gekaufte Kampfflugzeug J-10C ein, die Indian Air Force das in Frankreich gekaufte Rafale. Und dann passierte in diesem Luftkampf etwas Überraschendes und für manchen auch Schockierendes: Die (chinesische) J-10C schoss die (französische) Rafale ab. Wie viele Rafales es waren, bleibt geheim. Manche sprechen von drei, gesichert gilt aber mindestens der Abschuss einer Rafale (Indien hat insgesamt 34 Rafales von Frankreich gekauft).
James Crabtree und Janka Oertel (European Council on Foreign Relations/ECFR) ordnen dieses Ereignis wie folgt ein: “As the first fatal combat interaction of modern Chinese and European fighter jets, this event demonstrated Chinese technological advances in radar and missile capabilities.”
Eric Olander (The China-Global South Project) kommentiert: „China´s DeepSeek Moment for Military Tech Arrived in Skies over Kashmir.“ Er vergleicht diesen Abschuss mit dem Schock, den das plötzliche Auftreten des KI-Unternehmens DeepSeek vor vier Monaten in der westlichen Welt ausgelöst hat. Damals wurde die westliche Welt von Chinas KI-Kompetenz überrascht. Nun also dasselbe bei militärischem High-Tech-Gerät. Die in China gebauten Kampfflugzeuge der pakistanischen Luftwaffe hätten „impressively performed“, schriebt Olander. In den chinesischen sozialen Medien wird der Erfolg gefeiert und als Beweis für die technologische Überlegenheit gesehen – teilweise mit hämischen Kommentaren gegenüber Indien.
Chinas Luftwaffe holt in der Tat auf – quantitativ wie qualitativ. Was Chinas Militär schon zu Wasser erreicht hat, soll nun auch in der Luft geschehen. Chinas Marine hat inzwischen mehr Kampfboote als die US Navy. Die zahlenmäßige Überlegenheit setzt sich nun auch offenbar in der Luft fort. Das rechnete zumindest Admiral Samuel Paparo, Chef der US-Flotte im Indo-Pazifik, in einem Hearing vor dem US Senate Armed Services Committee vor. Er sieht die PLAAF (People‘s Liberation Army Air Force) aktuell im Besitz von 2100 Fightern und über 200 Bombern vom Typ H-6. Setze man das in Relation zum Bestand der US Air Force, komme man auf eine Relation von 1,2 zu 1 zugunsten Chinas.
Der 2024 Military Power Report des US-Verteidigungsministeriums geht davon aus, dass die PLAAF und die PLA Naval Aviation im Besitz von 3150 Flugzeugen seien, davon 1900 Fighter. Allein in den letzten drei Jahren seien 400 Flugzeuge dazu gekommen. Damit hätte China die größte Luftwaffe im indo-pazifischen Raum. Das verleitete Gabriel Honrada zu einem Artikel in der Asia Times (25. April) mit der Überschrift: „Jet by Jet, US losing Pacific Air Superiority Over China”. Bislang hatten die USA die Lufthoheit über die sogenannte erste-Insel-Kette, die von Japan bis zu den Philippinen reicht. Doch diese sieht Honrada nun in Gefahr – aber nicht nur durch die steigende Zahl der chinesischen Kampfflugzeuge, sondern auch durch deren Ausrüstung. Er schreibt: „Beyond fighter numbers, China´s missile capabilities pose an even greater threat to US operations in the region.”
Zu diesen missiles (Raketen) der Chinesen zählt vor allem die Luft-Luft-Rakete PL-15E. Sie ist eine – sorry für den militärischen Sprachslang – sogenannte beyond visual range (BVR) missile. Damit waren auch die chinesischen Kampfjets der Pakistanis bestückt. Experten wie zum Beispiel Justin Bronk (Royal United Services Insitute/RUSI) behaupten, dass diese Rakete durchaus mit der amerikanischen AIM-120 AMRAAM mithalten könne und die russische R-77 inzwischen sogar überholt hätte.
Die zunehmende Qualität der chinesischen Militärflugzeuge und Raketen macht diese Produkte auch für andere Länder attraktiv. Bislang wurde der J-10C Fighter nur an Bangladesh, Sambia, Nordkorea, den Sudan und eben Pakistan geliefert. Das werde sich ändern, schreibt Nahost-Experte Paul Iddon im US-Magazin Forbes: „However, Pakistan´s performance in the recent skirmishes with India could supercharge China´s fighter sales pitch in the Middle East, with countries such as Egypt, Iran and Saudi-Arabia being potential buyers.”
Info:
Artikel von Gabriel Honrada in Asia Times: https://asiatimes.com/2025/04/jet-by-jet-us-losing-pacific-air-superiority-over-china/
Admiral Samuel Paparo vor dem Senats-Hearing: https://www.armed-services.senate.gov/imo/media/doc/4102025fulltranscript.pdf