POLITIK I Handelskrieg USA gegen China – nur ein kurzer Waffenstillstand?

Yantian Port in der südchinesischen Metropole Shenzhen ist einer der größten Häfen der Welt. Von dort gehen rund ein Viertel der chinesischen Exporte in die USA. Mit riesigen Containerschiffen werden Waren aller Art von dort in die Häfen an die Westküste Amerikas transportiert – nach Los Angeles, Long Beach, Oakland und Seattle. Der Port of Los Angeles zum Beispiel macht 45 Prozent seines Umsatzes mit der Fracht aus China. Bis zum 12. Mai verließen wenig Containerschiffe Yantian Port und andere chinesische Häfen Richtung USA. Entsprechend stauten und stapelten sich die Container in den chinesischen Häfen. In den US-Häfen hingegen kam nichts mehr an, diese Hafengesellschaften verloren dramatisch an Geschäft.

Doch nach dem 12. Mai hat sich das total gewandelt. Jetzt wollen plötzlich wieder alle Waren aus China in die USA liefern. Die Containerschiffe sind voll, die Kapazitäten erschöpft, die Frachtraten steigen. Ein Sprecher der Reederei Hapag-Lloyd sagt: „The demand is so high that we can only serve customers who have made long-term contracts with us.“

Was ist an jenem 12. Mai passiert? An jenem Tag veröffentlichten die USA und China ein „Joint Statement on China-U.S. Economic and Trade Meeting in Geneva“. Danach einigten sich die beiden Länder, ab dem 14. Mai ihre Zölle drastisch zu senken. Die USA wollen chinesische Waren nur noch mit einem Zoll von 30 statt 145 Prozent belasten, im Gegenzug reduzierte China seine Zölle auf US-Waren von 125 auf zehn Prozent. Außerdem hob China die Restriktionen für den Export Seltener Erden auf.

Zwei Tage lang haben die amerikanischen und chinesischen Unterhändler am 10. und 11. Mai in der Schweizer Vertretung bei den Vereinten Nationen in Genf verhandelt. Die Erwartungen waren gering. Hauptsache, sie reden miteinander, war der allgemeine Tenor. Das gut informierte amerikanische Magazin Politico orakelte noch kurz vorher: „Don’t expect a breakthrough.“

Doch die Unterhändler straften die Auguren Lügen. Warum kam es zu einer schnellen, nicht erwarteten Einigung? Weil beide Staaten unter den exorbitant hohen Zöllen gelitten haben. In den USA drohte eine Zunahme der Inflationsrate, in China fürchtete die Führung eine steigende Arbeitslosigkeit, weil Fabriken schließen mussten, die keine Waren mehr in den USA verkaufen konnten.

Nach dem Genfer Deal reklamierte jede Seite für sich den Sieg in dieser ersten Etappe des Handelskrieges zwischen China und den USA. Das offizielle China hielt sich zunächst zurück. Dafür jubelte das inoffizielle China, wie zum Beispiel Hu Xijin, der ehemalige Chefredakteur von Global Times: „This is a huge victory for China”. Donald J. Trump ließ vom Weißen Haus eine Meldung verbreiten, in  der er gefeiert wurde. Die Übereinkunft in Genf – heißt es dort – „is demonstrating President Trump’s unparalleled expertise in seeking deals that benefit the American people”. Erst ein paar Tage später meldete sich Xi Jinping beim China-Lateinamerika-Gipfel zu Wort: „There are no winners in tariff wars or trade wars. Bullying or hegemonism only leads to selff-isolation.“

Was in den Jubeltagen nach dem Deal etwas unterging: Es ist nur ein Waffenstillstand für die nächsten 90 Tage. In diesem Zeitraum soll verhandelt werden. Deshalb wurde im Genfer Statement auch vereinbart, „to establish a China-U.S. economic and trade consultation mechanism.” Geführt werden sollen diese Gespräche von He Lifeng auf chinesischer Seite (siehe sein Porträt in HU IS HU) und von Scott Bessent (Finanzminister) und Jamieson Greer (Handelsbeauftragter) auf amerikanischer Seite. Das sind die Verhandlungsführer, die sich auch in Genf gegenübersaßen und sich danach gegenseitig lobten. He Lifeng sagte: „The professionalism and diligence of our American counterparts were impressive.”  Scott Bessent lobte wiederum He Lifeng; „The vice-premier is a very skilled negotiator.” Dieses gegenseitige Verständnis macht Hoffnung für die kommenden Gespräche.

Was diese Gespräche bringen werden, ist schwer vorherzusagen, zumal es ja den unberechenbaren Trump gibt, dessen China-Politik nach wie vor sehr schwankend ist. China hofft auf eine weitere Reduzierung der Zölle, aber muss dafür auch liefern. Aber was könnte China anbieten? Es könnte sich zum Beispiel beim Export der Droge Fentanyl kooperativer zeigen. oder beim Export der Seltenen Erden großzügiger. Letzteres sei „Beijing’s ultimate trump card in US-China trade war“, schreibt The South China Morning Post.

Möglicherweise geht es auch in die Verlängerung, schreibt Zhongyuan Zoe Liu (Council on Foreign Relations): “The current ninety-day pause will probably be extended as the two sides edge closer to a comprehensive deal, but a further reduction in tariff rates seems unlikely. Beijing can live with a differential rate on Chinese goods that is only 20 percent higher than the rest of the world.”

Info:

Joint Statement der beiden Länder China und USA vom 12. Mai:

https://english.news.cn/20250512/3bfe051fddb1495abced83014ba39298/c.html?utm_source=substack&utm_medium=email

Pressekonferenz der chinesischen Delegation am 11. Mai in Genf: https://www.geopolitechs.org/p/full-transcript-of-chinas-press-conference?utm_source=substack&utm_medium=email

Statement White House vom 11. Mai: https://www.whitehouse.gov/articles/2025/05/u-s-announces-china-trade-deal-in-geneva/?utm_source=substack&utm_medium=email

Analyse von Zongyuan Zoe Liu: https://www.cfr.org/expert-brief/trumps-china-truce-tariffs-comes-cost-us-credibility

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