GESELLSCHAFT I Gesichtserkennung für streunde Katzen

Gesichtserkennungstechnologie ist das Handwerkszeug des Überwachungsstaats, in China gibt es sie überall – aber jetzt auch immer öfter für Straßenkatzen. Und für diese Tiere könnte die Technologie ein Segen sein. Denn immer häufiger versorgen Chinesinnen und Chinesen in den Städten herumstreunende Katzen, indem sie ihnen Futterstationen mit Katzengesichtserkennung aufstellen und sie auf diese Art regelmäßig füttern. Die Kamera der Futterstation liefert ihren Besitzern als Dank hübsche Bilder der „eigenen“ Straßenkatze nach Hause. Diese Bilder gehen dann oft in den sozialen Medien viral.

Aber auch ohne Hochtechnologie hat sich die urbane Katzenpflege in den letzten Jahren rasch verbreitet. Chinesische Studenten und Studentinnen dürfen keine Haustiere in ihren Wohnheimen auf dem Uni-Gelände halten. Also stehen heute in vielen Ecken und auf wenig begangenen Plätzen der Hochschulgelände kleine Häuschen für Straßenkatzen, in denen Futter auf sie wartet. Das gleiche gilt für moderne Wohnviertel, in denen niemand die Tiere mit in den 20. Stock nehmen will oder darf. Diese weit verbreitete Straßenhaltung der Katzen wird nun durch die neue Technologie perfektioniert. Die Futterstationen des Großkonzerns Baidu können angeblich schon über 100 verschiedene Katzenrassen unterscheiden – obwohl die Gesichtserkennung bei Katzen technologisch schwieriger umzusetzen ist als bei Menschen.

Die Unternehmen, die jetzt Futterstationen mit Gesichtserkennung für Katzen anbieten, stehen allerdings auch in der Kritik. Denn vielerorts wollen Tierschutzvereine, Uni- und Wohnungsverwaltungen mitreden, wo und unter welchen Bedingungen die Stationen aufgebaut werden dürfen oder möchten sie gleich ganz verbieten. Der Streit darüber wird in China ausgiebig in den sozialen Medien geführt. Hier haben Influencer ihre Straßenkatzen schon so gehypt, dass sie nationale Berühmtheit erlangt haben.

„Die spinnen alle ein bisschen“, kommentierte kürzlich eine pakistanische Studentin an der Universität von Wuhan, als sie einem Dutzend chinesischer Studenten und Studentinnen beim Streicheln der Straßenkatzen vor ihren Futterhäuschen auf dem Uni-Gelände zusah. Weder anderswo in Asien noch in Europa scheint die Tierliebe für Straßenkatzen, zumal an Elite-Unis, heute so ein Renner zu sein wie in China.

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