Früher fanden in Frankfurt, Genf, Detroit und Tokio die wichtigsten Automessen der Welt statt. Heute dagegen trifft sich dje globale PS-Branche – jedes Jahr abwechselnd – in Beijing oder Shanghai. Dieses Jahr war soeben wieder Shanghai an der Reihe. In China, dem größten Automarkt der Welt, werden inzwischen die großen Trends der Branche gesetzt. „Die Shanghai Auto Show 2025 zeigt einmal mehr, dass China seine Rolle als zentrales Powerhouse der globalen Automobilität weiter ausbaut“, urteilt der bekannte Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer in einem Artikel für das Magazin Focus. Wenig überraschend war, dass auf der Messe zwei Megatrends dominierten – die Elektromobilität und – mit etwas Abstand – das autonome Fahren.
Natürlich beherrschten die Chinesen die Show. Nach wie vor herrscht auf dem chinesischen Markt ein gnadenloser Preiskampf, bei dem einige Unternehmen auf der Strecke bleiben werden. Nur langsam lichtet sich die Schar der Überlebenden. Sicher dazu gehören wird Marktführer BYD, der die Konkurrenz schon vor Messebeginn mit seinem neuen Assistenzsystem „God’s Eye“ überraschte, das serienmäßig in alle BYD-Modellen eingebaut wird. NIO präsentierte seine neue Budgetmarke Firefly. Den vier Meter langen Fünfsitzer wird es in China für rund 14 500 Euro geben. In Europa wird er teurer sein. Noch günstiger wird das neue Modell B 01 von Leapmotor sein. Es wird ab Juli bereits für rund 12 000 Euro angeboten. Zeekr überraschte mit einem luxuriösen SUV, der damit die Nobelmarken Rolls-Roye und Bentley angreifen will. Bild-Reporter Thomas Geiger schreibt: „Selbst die Sportwagen, bis vor kurzem noch die vielleicht letzte Domäne der Europäer, müssen nun die chinesischen Batterie-Boliden fürchten.“
Unter den ausländischen Ausstellern spielten die Deutschen eine wichtige Rolle. Die Nachrichtenagentur dpa zitiert den Autoexperten Peter Fintl: „Die Messe gleicht einem Festival der Lernfähigkeit der deutschen Industrie“. Und Beatrix Keim vom Beratungsunternehmen CAR (Car Automotive Research) sagt: Die deutschen Autofirmenb „nehmen die Kampfansage (der Chinesen) an und klotzen richtig ran.“ Und Bild-Reporter Thomas Geiger schreibt: „Die deutschen Hersteller sind aus ihrer Schreckstarre erwacht.“
Audi stellte den 5E Sportback vor, eine Oberklassen-Limousine, die vom Joint-Venture-Partner SAIC speziell für den chinesischen Markt entwickelt wurde. In Deutschland wird es das 4,88 Meter lange Gefährt nicht geben. Neu bei diesem Modell ist – und darüber wurde ja im Vorfeld schon viel geschrieben –, dass Audi auf seine vier Ringe verzichtet. Stattdessen prange am Heck die vier Buchstaben A-U-D-I.
Der Audi-Mutterkonzern Volkswagen klotzte in Shanghai und stellte gleich drei neue Modellreihen vor: Aura, Era und Evo. Sie sind der erste Teil einer großen Modelloffensive, die bis 2027 geplant ist. Alle drei wurden mit chinesischen Joint-Venture-Partnern entwickelt: Der Aura – eine konservative Coupé-Limousine – mit FAW, der Era – ein großer SUV mit drei Sitzreihen – mit SAIC, und der Evo – ein SUV für junge und urbane Kunden – mit VW Anhui. Für Thomas Schäfer, CEO der Marke VW, sind das „sichtbare Ergebnisse unserer ‘In China, für China-Strategie‘.“
Mercedes präsentierte den CLA in einer chinesischen Langversion und einen ziemlich luxuriösen Van der Zukunft. Ausgestattet mit weißem Nappaleder, 42 Lautsprechern, einer riesigen 65-Zoll-Leinwand und Seitenscheiben, die zu Monitoren werden, kommt er den Wünschen der chinesischen Kunden sehr entgegen. Mercedes-Chef Ola Källenius sprach denn auch von einem „Supercomputer auf Rädern“. Überhaupt strotzte Källenius vor neuem Selbstbewusstsein: „Wir werden die effizientesten und intelligentesten Autos vorstellen, die wir je gebaut haben.“
Das zweite große Thema – autonomes Fahren – wurde vor allem unter einem Aspekt diskutiert: „Sicherheit war ein großes Thema“ schreibt Sabine Gusbeth im Handelsblatt. Der Grund: Ende März verunglückten drei Frauen in einem Xiaomi-Auto tödlich, weil ihr Assistant versagte. Der Stand von Xiaomi fiel nach diesem Desaster entsprechend nüchtern aus. Und das Thema autonomes Fahren wurde sehr dezent behandelt: „Ich hätte mehr erwartet“, sagt Beraterin Keim.
Dafür blubbte ein anderes Thema auf: Flugautos. Fast an jedem zweiten Stand, so berichten Messerundgänger, sei irgendein Flugautos vorgestellt worden. Diese eVTOL-Fluggeräte (electrical vertical take-off and landing) sind in China schon weit entwickelt. Viel Beachtung fand das „Zwei-in-Eins-Auto“ Aeroht des Herstellers Xpeng. Es kombiniert ein Auto mit einem eVTOL. Ein Manager des Xpeng-Konzerns sagt: „Das Auto ist eigentlich nur noch Powerbank und Garage.“