In Deutschland gibt es an vielen Universitäten, aber auch an einigen Fachhochschulen die Möglichkeit Sinologie oder sogenannte Kombi-Studiengänge – meist mit Wirtschaft – zu studieren. Die Unis haben dabei unterschiedliche Schwerpunkte. Manche lehren vorwiegend das moderne China, manche eher das alte China, die meisten beides. In dieser Serie werde ich die sinologischen Abteilungen an den deutschsprachigen Universitäten und ihre Geschichte, ihre Schwerpunkte und ihre Lehrenden vorstellen. Heute ist die Universität Hamburg dran.
Die Geschichte: In Hamburg ist die Sinologie älter als die Universität. Während letztere erst im Mai 1919 feierlich eröffnet wurde, wurde Sinologie schon 1909 am Lehrstuhl für „Sprachen und Geschichte Ostasiens“ am damaligen Kolonialinstitut unterrichtet. Erster Lehrstuhl-Inhaber war Otto Franke, der zuvor jahrelang im diplomatischen Dienst tätig war. Franke war eine der prägenden Figuren der deutschen Sinologie. Er war überzeugt, “dass die Sinologie gerade im Verhältnis von Altertum und Gegenwart ihre wissenschaftliche Stärke hat.“ Diese Ausgeglichenheit zwischen altem und modernem China ist bis heute eine Konstante der Hamburger Sinologie. Sie war zudem immer von starken Persönlichkeiten geprägt, die über längere Zeiträume den Lehrstuhl besetzten. In der Nachkriegszeit waren das Wolfgang Franke (1950-1977), Hans Stumpfeldt (1980-2006) und derzeit ist es Kai Vogelsang (seit 2008). Ein zweiter Lehrstuhl wurde 1967 geschaffen, ein dritter 1995. Der dritte Lehrstuhl ging aber 2006 wieder verloren. Dies war eine Folge der Umstrukturierung der „Exoten“-Fächer, die mit der Gründung des Asien-Afrika-Instituts der Universität Hamburg einherging. Heute ist die – so die korrekte Bezeichnung – Abteilung für Sprache und Kultur Chinas Teil dieses Asien-Afrika-Instituts, das sich räumlich direkt neben dem Hauptgebäude der Universität am Dammtor befindet.
Die Lehrenden: Die Sinologie in Hamburg hat drei Professoren: Kai Vogelsang und Barend ter Haar auf den regulären Professuren sowie Thomas Fröhlich, der von einer Professur in Erlangen-Nürnberg auf eine extra für ihn geschaffene A14-Stelle wechselte. Fröhlich beschäftigt sich vor allem mit der Ideengeschichte und politischen Philosophie Chinas. Ter Harr (seit 2018 in Hamburg) ist Religionshistoriker und hat mit der Sozialgeschichte ein zweites Schwerpunktthema. Kai Vogelsang befasst sich sowohl mit der Geschichte als auch der Moderne Chinas. Er verkörpert sozusagen das Frankesche Petitum aus den Anfangsjahren. Kai Vogelsang ist Autor zweier – ja man kann fast sagen – Standardwerke: „Geschichte Chinas“ (Reclam) sowie „China und Japan“ (Kröner), die auch außerhalb des Wissenschaftsbetriebs große Beachtung finden.
Das Studium: Die Universität Hamburg bietet ein Vollstudium der Sinologie an – vom Bachelor bis zur Promotion. Im Bachelor-Studiengang kann man Sinologie sowohl im Nebenfach als auch im Hauptfach (Mono-Bachelor) studieren. Letzteres dauert – anders als viele anderen Sinologien in Deutschland – acht Semester. Vogelsang: „Das haben wir mit der Begründung durchgesetzt, dass unser Sprachunterricht so viel Zeit benötigt.“ In den beiden ersten Semestern wird mit dem modernen Hochchinesisch angefangen. Ab dem dritten Semester kommen das klassische und literarische Chinesisch dazu. „Das gehört zu einem umfassenden Sinologie-Studium dazu“, sagt Vogelsang. Im siebten Semester ist dann noch ein Auslandsaufenthalt vorgeschrieben. Wer das alles durchläuftt, hat gute Berufschancen. Davon ist Vogelsang überzeugt: „Unser Bachelor ist ein ausgezeichneter Bachelor, der einen für das Berufsleben fit macht.“ Die Sinologie pflegt gute Beziehungen zu Hamburger Wirtschaftsunternehmen, die immer wieder mal anrufen, wenn sie junge China-Kräfte benötigen. „Nachteil“ des so gepriesenen Bachelor-Studiengangs ist aus Sicht der Uni, dass viele Absolventen keinen Master mehr machen (müssen). Dabei bietet Hamburg sogar zwei viersemestrige Master-Studiengänge an: Den klassischen Sinologie-Master und seit ein paar Jahren den Master „Sinology;: Conceptional and Intellectual History“. Vogelsang: „Das ist eine Verbindung von westlicher Theoriebildung und chinesischen Quellen. Da haben wir ein Alleinstellungsmerkmal.“ Nahezu einzigartig ist auch die Hamburger Sinologische Gesellschaft (HSG). Sie wurde 1996 als Verein gegründet. Aktueller Vorsitzender ist Kai Vogelsang. Er sagt zum Zweck: „Die HSG soll die Arbeit der Hamburger Sinologie unterstützen und wissenschaftliche Ergebnisse durch Vorträge und Ausstellungen in die Öffentlichkeit tragen.“ Außerdem treffen sich in der HSG auch viele Ehemalige. Viele von ihnen haben Karriere sowohl in der Wissenschaft als auch außerhalb gemacht. Ein Beweis für die Qualität der traditionsreichen Hamburger Sinologie.
Info:
Hier die Homepage der Abteilung: https://www.aai.uni-hamburg.de/china/ueber-die-abteilung.html
Zur Geschichte der Hamburger Sinologie hier ein Artikel von Hans Stumpfeldt: https://www.aai.uni-hamburg.de/china/ueber-die-abteilung/geschichte/stumpfeldt-zurgeschichtederchina.pdf
Die Homepage der Hamburger Sinologischen Gesellschaft lautet: https://www.hsg-ev.de/