POLITIK I Grüne Diplomatie

Es war für viele eine Überraschung, die Xi Jinping in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung am 22. September per Video verkündete. China werde die Spitze bei seinen CO2-Emissionen 2030 erreichen und 2060 CO2-Neutralität. Das war ein doppelter diplomatischer Schachzug. Erstens desavouierte er damit die USA, die nun als einzige Wirtschaftsmacht ohne Klimaziel dastehen, und zweitens wollte er damit Schönwetter bei den Ländern machen, die derzeit China aus verschiedenen Gründen (Uiguren, Hongkong, Maskendiplomatie) heftig kritisieren. Xi weiß, mit Umweltversprechen kann man punkten, auch und gerade in Europa. Manche spekulieren, dass Xi eigentlich vorhatte, diese grüne Botschaft auf dem -abgesagten – Leipziger EU-China-Gipfel Mitte September zu verkünden, um die Europäer etwas freundlicher zu stimmen. Aber auch die eine Woche später in New York erfolgte Ankündigung verfehlte die Absicht nicht. Die EU reagierten positiv. Ihr Außenbeauftragter Josep Borrell sagte, zum ersten Mal habe sich China zu einem langfristigen Öko-Ziel bekannt. Selbst von Greenpeace kam Lob. Li Shuo, Senior Climate & Energy Officer East Asia mit Sitz in Beijing, stellt gegenüber der South China Morning Post fest: „Within the high-level leadership there is a clear desire to move forward with this issue.” Er sieht diesen Vorstoß als Teil der Aussenpolitik: „Environmental diplomacy is increasingly a flagship program, in China`s foreign policy.” Natürlich gab es auch stimmen, die da sagten: Alles nur Show. Oder fragten: Wie wollen sie denn diese ehrgeizigen Ziele erreichen? Immerhin: Den Worten Xi Jinpings folgten gleich zwei Taten. Der New Energy Vehicle Industry Development Plan (2021-2035), der unter Federführung des Ministry of Industry and Information Technology (MIIT) entstanden ist und am 9. Oktober vom Staatsrat genehmigt wurde, sieht vor, dass 2035 alle verkauften Autos umweltfreundlich sein müssen. Das heißt entweder Hybrid, oder Elektro- bzw. Wasserstoffgetrieben. 2025 soll ein Zwischenziel von 20 Prozent erreicht werden, also jedes fünfte neu verkaufte Auto soll „grün“ sein.

Ende Oktober dann die nächste Verkündung, diesmal von Green Finance. Unter Führung des Umweltministeriums haben verschiedene Finanzinstitutionen – darunter auch die Zentralbank – beschlossen, private und auch ausländische Investitionen in grüne Bonds und klimafreundliche Projekte zu fördern. Das sind notwendige, aber bei weitem nicht ausreichende Schritte Richtung den Zielvorgaben für 2050 und 2060. Entscheidend wird sein, ob und wie China den Kohlenanteil an seinem Energiemix  (derzeit 58 Prozent) verringern kann. Welche Anstrengungen hierzu notwendig sind, errechnete kürzlich das Beratungsunternehmen Wood MacKenzie: Bis 2050 müssten sich die Energiegewinnung von Sonne, Wind und Wasser verelffachen.

Info:

Xi jinpings Rede vor der UN Vollversammlung hier: https://www.fmprc.gov.cn/mfa_eng/zxxx_662805/t1817098.shtml

Die Reaktion von Josep Borrell auf Xis Ankündigungen: https://eeas.europa.eu/headquarters/headquarters-homepage/87850/node/87850_de

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