Es ist das chinesische Unternehmen, über das in aller Welt am meisten geredet und geschrieben wird: Huawei. Aber was wissen wir eigentlich über den Konzern aus Shenzhen? Zwei Bände wollen darüber Auskunft geben. Vorweg: Ich habe sie nicht gelesen, weil ich nicht die Zeit habe – und auch nicht über 230 Euro ausgeben wollte (warum müssen wissenschaftliche Bücher immer so teuer sein?). Ich wählte eine weitaus günstigere Variante und telefonierte mit einem der drei Herausgeber – Christoph Lattemann, Professor an der Jacobs University in Bremen. Lattemann gehört zu einer Gruppe von Forschern, die sich seit 15 Jahren mit der Globalisierung chinesischer Unternehmen befassen. „Huawei war immer eines unserer großen Themen, vor allem vor dem Hintergrund des Handelskrieges zwischen China und den USA.“ Sie starteten im Sommer 2019 einen Call, wie es in der Sprache der Wissenschaftler heißt. „Die Nachfrage war sehr groß“, sagt Lattemann. Über 50 Wissenschaftler wollten einen Beitrag schreiben, 24 durften schließlich. Seit einem halben Jahr liegen die Manuskripte beim Verlag, Erwarten Sie deshalb keine aktuellen Analysen. Aber das war auch gar nicht die Intention des Projekts. Man wollte Huawei grundsätzlich analysieren. Im ersten Band gehen die diversen Autoren laut Lattemann unter anderen folgenden Fragen nach: „Wie konnte sich Huawei zum globalen Player entwickeln? Wie sieht die Internationalisierungsstrategie von Huawei aus? Wie internationalisiert man, wenn man nahezu überall als Feind wahrgenommen wird?“ Im zweiten Band werden sehr detailliert Huaweis Eintrittsstrategien in verschiedene Märkte beschrieben – von Polen bis nach Indien, von Mexiko bis Ghana.
Es sind alles wissenschaftliche Ansichten von außen. Man hätte – sagt Lattemann – zwar überlegt, Huawei um einen Beitrag zu bitten, aber das dann verworfen. Gleichwohl wurde hier offenbar nicht mit Schaum vorm Mund – den gerne Politiker in Amerika und Europa erzeugen, wenn sie über Huawei reden – geschrieben. „Wir nehmen als Herausgeber keine Perspektive ein“, sagt Lattemann, ganz Wissenschaftler. „Ich würde mich freuen, wenn es zur Versachlichung der Diskussion beiträgt.“ Ein schönes Schlusswort.
Info:
Ilan Alon, Christoph Lattemann und Wenxian Zhang: Huawei Goes Global, Volume I: Made in China for the World, 381 Seiten,114,39 Euro; Volume II: Regional, Geopolitical Perspectives and Crisis, 452 Seiten; Beide erscheinen im Palgrave MacMillan und kosten jeweils 139,99 Dollar.